Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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Ortsinſaſſen zur Beratung verſammelten. Der Täter wurde ergriffen und ſofort zum Tode verurteilt, niht etwa deswegen, weil er einen Mord begangen, ſondern weil er ſi< dazu in ſeinem Hauſe hatte verleiten laſſen. Da jedo< ein Einzelner die Todesſtrafe nicht vollſtre>èn Tonnte, weil er der Blutrathe ſeitens der Familie des Gerichteten verfallen wäre, wurdé beſchloſſen, daß a lle auf ihn ſchießen ſollten. Dié erſte Kugel jagte dei Delinquentéèn der eigene Bruder dur<s Herz !

_ Wahrlich, das iſt ein könkreter Beleg für die Handhabung dès „Geſezes der Berge“, welches beſägt: „Der Dukädſchin gewährt die Ausſöhnung der Bluträche für den Vater, für den Bruder; Darauf, den erſchlageien Gaſt=freund zu rächen, verzichtet er nie.“

In vereinzelten Fällen ſoll es au<h vorkommen, daß Frauen die Blutrache ausüben. Gl ü > berichtet beiſpiels8weiſe von dèr Milteilüng eines Geiſtlichen, laut welcher eine Frau eine ändere in Blutrache érſchoſſen und Blut

aus der Wunde getrunken häbe. Bemerkenswert iſt, daß ——

für die Ehefrau die Bluirathe niht dem Manne, ſondern ihrer Familie zuſteht.

ö Dié Kirche iſt der Inſtitution der Blutrache gegénüber machtlos. Jeder Hinweis auf die göttlichen Gebote begegnet dem Einwande: „J<h würde kein tapferer Mann ſein, wenn i< mir niht ſelbſt Recht verſchaffen und meine Familie niht ſ{hüzen würde.“ Nur ſo viel hat die Kirche éxreiht, daß am Tage der Kir<hweih keine Blutrache herrſchen darf, und daß unter den hie und da añ einſamen Wegen im Gebirge errichteten Kreuzen die Beſſa herrſ<ht. „Wozu hat uns denn die göttliche Vorſehung, die Gewehre überhaupt gegeben,“ war die vernichtende Antwort, als Baron Nopcza im Gebiete von Toplana den Malzoren Vorwürſe ob der dort vorkommenden vielen Morde machte. Eine bittere Jronie will es noh, bemerkt Hiezu Baron Nopcza, daß am Martinigewehr, der Lieb-

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