Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen : Voyslav M. Yovanovitch, 'La Guzla' de Prosper Mérimée, Étude d'histoire romantique.

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entnimmt ebendaher denselben Stoff, giefst darüber etwas ‘morlackische’ Lokalfarbe, die aus Fortis geschöpft ist, sucht sich Namen von einer Landkarte, erfindet welche, die ihm einen autochthonen Charakter zu haben scheinen, borgt einen anderen von Nodier (Spalatin), hat dabei das Mifsgeschick, auch einen nichtserbischen Namen zu wählen (Fédor ist russisch) und die Masse ist fertig zum Guts für L’aubépine de Véliko. Ein andermal liest Mérimée die Reisebeschreibung eines Verwaltungsbeamten: Voyage en Bosnie dans les années 1807 et 1808, par M. Amédée Chaumette-Desfossés und entnimmt daraus Stoff und Kommentar für den Zyklus, der von Thomas 11. handelt. Yovanovitch sorgt für so reiches Anschauungsmaterial, dafs kein Zweifel bestehen bleibt. Ein jeder, der die Guxla liest und dann den Viaggio von Fortis, sieht auf den ersten Blick, wie gründlich Mérimée das Buch ausgeplündert hat. Aber es ist sehr interessant, mit Yovanovitch zu verfolgen, wie Mérimée z. B. für Les Braies Heyduques den aus Fortis geschöpften sachlichen Kommentar mit der Ugolino-Episode aus Dante verwebt und noch einen Pinselstrich Lokalkolorit hinzutut, indem er einen serbischen Namen aus einer bisher unbekannten, im übrigen wenig benutzten Quelle entlehnt, aus Voyage Pittoresque de l’lstrie et de Dalmatie, rédigé d’après l’itinéraire de L. F. Cassas, par Joseph Larallée, Paris 1802. Dort findet sich der Name, mit dem Mérimée seinen Heiducken tauft: Christich Mladin (S. 276 Asm.). Bei dieser Gelegenheit weist Yovanovitch Mérimée auch einen folkloristischen Irrtum nach. Mérimée läfst seinen alten Barden Maglanovich einen rocero improvisieren. Das ist aber ausschliefslich Sache der Frauen, wie sein Gewährsmann Fortis auch richtig erwähnt. Nebenbei sei bemerkt, dafs die Beschäftigung mit der Guxla fast wie eine Vorstudie zur Colomba anmutet. Infolge der Ähnlichkeit der Gebräuche und des Aberglaubens bei primitiven Völkern werden manche Anmerkungen aus dem Gmrfa-Kommentar fast unverändert in die korsische Geschichte übergehen. Wir werden hier die Blutrache, die Totenklage, den bösen Blick wiederfinden, und eine merkwürdige Übereinstimmung besteht auch zwischen den Heiducken und den korsischen Banditen; wie erstere auf das Konto der türkischen Unterdrücker zu schreiben sind, so letztere auf das der genuesischen Gewaltherrschaft. Es ist übrigens natürlich, dafs Yovanovitch als Serbe so manche sachliche Berichtigung im Interesse seiner Heimat und seines Volkes beizubringen weifs. So lehnt sich der Slawe in ihm gegen die Schilderung des serbo-kroatischen Familienlebens und die Charakterisierung der Frauen auf, die zwar aus Fortis geschöpft, aber bei Mérimée manche entstellenden Züge erhalten haben. So vergreift sich der Pariser, dem eben die Anschauung fehlt, nicht selten in der couleur locale. Er will in Knin ein junges Mädchen gesehen haben, dessen Freundin durch einen Sturz aus dem Fenster umgekommen, und das aus Schmerz über diesen Verlust der Freundin gestorben sei. Was von diesem persönlichen Erlebnis zu halten ist, ergibt sich daraus, dafs alle Häuser in Knin, wie Yovanovitch bemerkt, einstöckig sind (S. 292)4 So kommt Mérimée überall dort schlecht fort, wo das tiefere Seelenleben des Volkes berührt wird. Yovanovitch wirft ihm vor, dafs er bei den Heiducken den historischen Hintergrund vergifst, dafs sein morlackisches Mädchen einen montmartrehaften Zug erhält, und dafs die serbische Freundschaft bei ihm durch einen possenhaften Beigeschmack entstellt wird (S. 295). Es hat Mérimée nichts geholfen, dafs er in der späteren Ausgabe selbst sehr versteckte Andeutungen tilgt, die auf die Spur seiner Gewährsmänner führen konnten, wie z. B. für Hadagny den Hinweis auf die Lettres sur la Grèce, notes et chants populaires, extraits du portefeuille du