Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Von Franz Eugen. 225

vorgegangen, war er umringt, der Rütweg in das Schlafz gemach wurde ihm abgeſchnitten, und viele Stimmen riefen ihm zu: „Jhr ſeid in unſerer Gewalt, Herr Domprobit, und werdet uns in die Stadt folgen, wo wir Euch ſo lange gefangen halten wollen, bis Jhr unter des Biſchofs Brief und Siegel gelobt habt, uns alle die Freiheiten und Privilegien wieder zu geben, die Jhr der Stadt entriſſen Habt.“ i

Kuns v. Falkenberg, den der Chroniſt als einen der muthigſten und gewaltigſten Männer ſeiner Zeit rühmt, maß die Eindringlinge mit zornfunkelnden Augen , aber da ex ſofort ſeine kritiſche Lage exkannte und einſah, daß ex wirklih ganz in der Gewalt der rebelliſchen Städter wax, hielt ex es für flug, mildere Saiten aufzuziehen, und die Bürger zuerſt darauf hinweiſend, welch? {weren Fre= vels ſie fi<h ſchuldig machten, indem ſie Hand an ihren geiſtlichen Oberhirten, den Geweihten des Herrn legten, verſprach ex ihnen Verzeihung für ihren Uebexfall und die Erfüllung ihrer Forderungen, wenn fie jezt auf der Stelle ruhig in die Stadt zurücgehen wollten.

Aber die Bürger, die ſi<h nicht ſo leiht dur< bloße Worte abſpeiſen ließen und es für ſicherer hielten, den ſtolzen Machthaber in ihrer Gewalt zu haben, erklärten, er müſſe ihnen ohne Verzug in die Stadt folgen, wo er in ſicherem Gewahrſam bleiben werde, bis er als Löſegeld ihre For= derungen gewährt und niht nur dur ſein eigenes Wort, ſondern auh durch des Biſchofs Unterſchrift und Siegel verbürgt haben werde. Da das Auftreten der Bürger dem Dombprobſt zeigte, daß ſie entſchloſſen waven, ihren Willen

Bibliothek. Jahrg. 1884. Bd. I. 15