Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Mannigfaltiges.

Ein opferwilliger Freund, — Jn der Bildergallerie des Belvedere zu Wien erſchien einſt mehrere Tage hintereinander ein Mann, der mit großem Jntereſſe die Gemälde ſtudirte und ſich regelmäßig- vier bis_fünf Stunden lang dort aufhielt. Aus dem Umſtande, daß er beſonders hervorragende Leiſtungen bis in's Einzelne beſichtigte und prüfte, wobei er unverfennbar genaues Verſtändniß des Werthes der ausgeſtellten Kunſtwerke zeigte, ließ ſih unſhwer der Schluß ziehen, daß der Mann Künſtler ſein müſſe, und für einen ſolchen hielt ihn: au< ein junger Maler, der ebenfalls zu den täglichen Beſuchern der Sammlung gehörte. Jhm war der Fremde längſt aufgefallen; er- erbli>te in ihm einen älteren Berufsgenoſſen und in ſeinem Streben nah Nervollfommnung beſchloß er, ſi< ihm anzuſchließen und ihn für ſein ferneres fünſtleriſhes Schaffen um Rath und Beiſtand zu bitten. Beſeelte doh offenbar Beide gemeinſchaſtli<h die Liebe zur göttlichen Kunſt, führte doh zweifellos Beide der Wunſch in dieſe geweihten Näume, ſi< an den Werken der erſten Meiſter zu erbauen und zu erqui>en und von ihnen zu lernen. Mit jenem Zutrauen, das jugendlichen Naturen eigen iſt, näherte ſich der junge Mann dem älteren und begann mit ihm ein Geſpräch über Malerei überhaupt und die einzelnen vor ihnen hängenden Bilder. Die Anſichten und Urtheile, welche der Fremde dabei entwidelte, waren ſo zutreffend, zeugten von ſo tiefem Verſtändniß, daß der junge Maler niht mehr zweifelte, er habe einen hervorragenden Vertreter ſeiner Kunſt vor ſich, durch deſſen Umgang ſein eigenes Urtheil geſchärft, ſein Geſ<hma> geläutert