Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
Von Anton Dhorn, 241
zufällige Erkrankungen in Häuſern, welche Bärbel betreten hatte, und manches Andere gaben Anlaß, daß man fie in Hagenau für eine böſe Zauberin u1.d Hexe ausſchrie; Frau Gundel ſorgte dafür, daß dieſe Berichte noh dur< analoge Borfälle aus Buchsweilex vermehrl und erweitert wurden, und ſie war es auh, die es offen ausſpra<h, daß Bärbel dur< Zaubertünſte den alten Jafob v. Lichtenberg berüctt und feinen Unterthanen entfremdet hatte. Und da die böſe Bärbel auf ihrem Hochmuth beharrte, und je mehr man ſie anfeindete, deſto troßiger, höhniſcher und ſchadenſroher ward, ſo wuchs die Erbitterung dermaßen, daß der Rath von Hagenau ſi veranlaßt fah, fie wegen offenfundiger Zauz bexei zu verhaften.
Sie lèugnete allerdings die widerſinnigen Anſchuldi= gungen, welche man gegen ſie erhob, aber als man ſie na< der rauhen Forderung des hochnothpeinlichen Halsgerichts auf die Folter ſpannte, da geſtand ſie Alles, was man nux von ihr hören wollte, und das Gericht verurtheilte ſie demgemäß zum Lode dur< Feuer.
An einem klaren Herbſtmorgen ward vox dem Thore der Stadt der Scheiterhaufen errichtet; das Armenſünder=glö&lein flang, und begleitet von einem Mönche kam ein bleiches, gebrochenes Weib auf einem Karren daher, das feine Aehnlichkeit mehr hatte mit dex ſchönen Bärbel. Mit wankenden Knieen ſtieg ſie den Holzſtoß hinan und wurde an dem Pfahle feſtgebunden, dann ward ihr no<h einmal das Urtheil verleſen und das weiße Stäbchen zerbrochen. Ein Henkersknecht zündete das dürre Reiſig um die Scheiter an und praſſelnd lohte die Flamme empor.
Bibliothek. Jahrg. 1884, Bd. YV, 16