Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

212 Die Schule des Geizes.

Dann übergab ex das Huhn Chapelain zum Braten und ſchritt würdevoll zur Meſſe, wie er es alljährlih an die= ſem Tage zu thun pflegte. Der arme Burſche ſah ſehn= ſüchtig auf das Huhn, wie es in der Pfanne brodelte und ſi< bräunte, und mit dem loœenden Anbli> ſtieg ſein Hunger zu einer ſolchen Höhe, daß er ihn niht mehr bändigen konnte. Ob es ſein Herr wohl merkte, wenn das Hühnchen nux mit einem Bein auf den Tiſch kam? Er mußte doch koſten, ob es gar gebraten und ſchma>haft ſei; leiſe ſchnitt er ein Bein ab, aber das ſchme>te ſo treff li, daß ex auh an dem zweiten ſeine Zunge verſuchte, und ſo verſchwand allmählig das Hühnchen aus der Pfanne. Erſt jeht wurde ſich Chapelain lar über das, was er ge= than hatte, und in der Angſt der Verzweiflung über die Folgen griff ex zu der Giftflaſche und leerte ſie aus. Nun exwartete ex den Tod, aber der blieb aus, dagegen aber fam ſein Herr, um ſein lukulliſches Mahl einzunehmen. Das Ende vom Liede war, daß der Geizhals den armen Chapelain zum Hauſe hinauswaxf.

Eine Zeit lang ſchlug ſi der junge Menſch in Paris ſo gut es für einen Mann von geſundem Magen und feinem Verdienſte gehen mochte, dur<h; als ſpäter ſeine Geſchichte mit Monſieur Paron bekannt geworden war, brachte ihn der wißige Herr v. Megzirac unter dex Miene des aufrichtigſten Wohlwollens zu dem berühmten Kri= tiker Franz Malherbe, der ebenfalls wegen ſeiner Spar=ſamkeit berühmt war, und dem er den jungen Burſchen als einen trefflichen Diener empfahl, natürlich in keiner anderen Abſicht, als um den armen Chapelain vom