Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

192 Sommerblumen.

Er dur<hſ<hritt das Wohnzimmer und trat in ein Seiten= fabinet, wo im Lehnſtuhl am Fenſter ein bleiches Mädchen Jaß; es ſchien bei ſeinem Eintritt aus einem Halbſ<hlummer aufzufahren, ein Schimmer von Nöthe flog über das {male Geſicht, und die blauen Augen, unter denen tiefe Schatten lagen, grüßten ihn freundlich.

„Wie geht es heute, Fräulein Melanie?“ fragte er.

Melanie lächelte matt: +, Nicht viel beſſer, Herx Me= dicinalrath.“

Ex zog einen Stuhl heran und fühlte ihren Puls. „Schwach, wie immer; die Geneſung ſchreitet nicht fort. Oeffnen Sie das Fenſter, Frau Räthin. Wix haben den herrlichſten Junitag, das ſchönſte Welter von der Welt, die Patientin muß friſche Luft“ genießen. “

Die Kranke zog fröſtelnd ein Tuch feſter um ihre Schultern.

„Wenn es Jhnen zu kühl wird, können Sie ſpäter das Fenſter ſchließen. Haben Sie gute Milch getrunken 2“

Die Räthin bejahte und knüpfte daran eine lange Rede Über die Schwierigkeiten, unverfälſchte Mil anzuſchaffen und Melanie zum Genuß derſelben zu beſtimmen.

„Es iſt Jhre Arznei und die wird genommen,“ ſagte

‘der alte Herr mit großer Entſchiedenheit.

Als ex ſeine Patientin verließ, ſ{<loß er die Verbin= dungsthüre zwiſchen Kabinet und Zimmer ſorgfältig und trat, ſtatt ſih wie ſonſt eilig zum Ausgang zu wenden, an das Fenſter der Wohnſtube, von welchem er in den blühenden Garten der Handelsgärtnevei bli>en fonnte. Dann twvandte ex ſich mit der Frage: „Sie haben hier beim