Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. v. d. Elbe. 133

Ueberlegung war ſie zu dem Entſchluß gelangt, der aller= dings weit unter ihr ſtehenden Nachbaxfamilie, von der ſie aber Artigkeit anzunehmen gezwungen wax, die Ehre ihres Beſuches zu gönnen. Das Viſitenkartenbu<h und Spißen= taſchentuch in der Hand, ſtand ſie jet da und ſah ſich na<h * einem Klingelzuge um. Sie räuſperte ſi, wagte einige Schritte und befand ſi gleich darauf ſteif knixend in der offenen Küchenthüre, wo Mutter Bredemann eben eine un= geheure Schüſſel mit Kartoffelſalat anmachte.

„Jh wollte mix erlauben, meinen Beſu<h —“ *

„Ah, die Frau Nachbarin! Jhre Melanje ſit im Garten, gehen Sie nux zu, ih komme glei. Roſinchen, gib ’mal den Pfeffer her und dann ſäute die Eſſenglo>e für die Burſchen.“

Die Regierungsräthin, verleßt, daß man ihren Beſuch ſo wenig zu würdigen ſchien, ging mit langſam würdevollen Schritten dur die hintere Hausthüre in den Garten. Gleich darauf trippelte die fleine runde Frau Bredemann hinter ihr her, ſie faute noh an einer Probe ihres Kar= toffelſalats und ſagte mit vollen Backen: „Zſt das ein armes heruntergekommenes Geſchöpfchen, die Melanje! Ja, ja, die muß es gut haben, da hat der Herr Medicinalrath Recht; ſieht ja aus wie ein Blumenſto>, der eingehen will, welf, hängig und jämmerlich. Abex laſſen Sie ſie man in der guten Luft ausruhen, das wird dem armen Dinge auf= Helfen.“

Die Regierungsräthin kochte innexlih vor Zorn bei der wenig reſpeftvollen Weiſe, in dex die Frau ſie behandelte. Und dieſer geringſchäßende, mitleidige Lon, in dem ſie von