Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. v. d. Eſbe. 151

zu. Mannigfache Gedanken über die beiden Mädchen kreuzten ſi in ſeinem Kopfe. Wie gern hätte ex Melanie?s Wunſch ernſtlih genommen! Wie ſehr würde es ihn ge= freut haben, ſie einladen zu können, ſie mit auf dem Feſt zu ſehen! Ex ſagte ſi< aber gleich darauf, daß er es nicht wagen dürfe, daß die Regierungsräthin es nie= mals zugeben werde, daß in der That ihre beiderſeitige geſellſchaftliche Stellung eine verſchiedene ſei. Cin Mißgefühl über Melanie's unbefangene Aeußerung ſtieg in ihm auf. Würde fie ſi in ihrex gräflichen Familie ſo offen ausgeſprochen- haben? Wollte ſie den Abſtand ihrer Umgangsfreiſe in feiner Weiſe hervorheben? Bisher war er nie an Derartiges erinnert worden; ihx zwangloſer Ver= fehr in dem blühenden Garten, Melanie's dankbares Ent= gegenfommen, ihre Gefälligkeit hatten gar nichts einer Schranke Aehnliches hevvortreten laſſen. Es demüthigte ihn, ſi plößlich darauf hingewieſen zu fühlen, und do< fonnte er ſih die Thatſache nicht hinweg leugnen. Auch ihr Bildungsgrad, ihre Art, ſich zu benehmen, ihre Sprechz weiſe waren anders als die aller Mädchen, welche ex tannte. Vielleicht behandelte ſie ihn auh nicht ganz o, wie er gewöhnt wax, behandelt zu werden? Sein Verdruß ſtieg. Er hätte in dieſem Augenbli> am liebſten auf das Feſt verzichtet. Roſinchens rofengeſ<hmüd>ter Kopf verlor an Reiz, ſeine Gedanken beſchäftigten ſich aus\<ließli< mit Melanie.

Ihm fiel jeßt erſt ein, daß er in die Laube gegangen wax, um Meſlanie’s vollendete Arbeit ſeinem Vater hin= zutragen. Er kehrte alſo um, empfing die Blätter und