Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Von Ernſt Hellmuth. 165

der leichter war, in die Schlinge treten. Derſelbe kam auh glü>li<h zum Fenſter, ließ die Leine dann wieder herab und zog ſeinen Herrn Herauf. Nicht wenig war dieſer- verwundert, als ihn oben eine ſeiner Baſen begrüßte, die thm auch einen weiten Ro> von Seide und Gold um= legte. So angethan, führte ſie ihn zur hohen Gebieterin, der er ſeit ſeiner Knabenzeit in Minne treu geblieben, und die er ſeitdem niht mehr geſehen hatte.

Sie ſaß auf einem Polſter und empfing ihn lächelnd. Veber dem damals no< als Seltenheit geltenden feinen Hemd trug ſie ein ſcharlachrothes, mit Hermelin gefütter= tes Gewand und einen grünen Pelzmantel mit breitem Kragen. Acht ſ{<ön gekleidete Frauen ſtanden um ſie. Prächtige Teppiche waren auf dem Fußboden ausgebreitet, und wohl hundert Lichter ſtrahlten von den Wänden, \wäh= rend zwei große Wachskerzen auf Geſtellen zu beiden Seiten des fürſtlichen Sißes leuchteten.

Ulrich fniete vor der Erkforenen ſeines Herzens nieder und bat ſie bei ihrer hochgelobten Schönheit um Gnade, daß er die Kühnheit gehabt, ihr feine Miune zu weihen.

„a,“ antwortete ſie ihm, „Jhr ſeid der erſte Ritter, dem die Ehre ſolchen Empfanges wurde, und es geſchieht nux wegen Eurer ritterlichen Fahrten. Weiter fühle ih feine Neigung zu Euch.“

Das machte den verliebten Ritter ſehr nüchtern; abex er dankte ihr ſo gerührt als möglich, ſtand auf und ſprach von dem leuchtenden „Schein ſeiner Freude“, der über ſein Hexz gebiete und dem ex dienen wolle, würde ex quch tauſend Jahre alt.