Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.
244 Aus dem „Kampf um's Daſein“ in der Natur.
erobert ſich den Boden, den ſeine Untexdrü>ter inne hatten, das nidende Perlgras, das fla<hhalmige Rispengras und die weiße Hainſimſe, Dazwiſchen erhebt ſi<h das blauz äugige Waldvergißmeinnicht, die Waldrapunzel, das ge= fle>te Knabenkraut und die wohlxiechende Kukuksblume.
Wohl ſchon Mancher, der keine Ahnung davon hat, {vie lange Jahre Samenkörner und Pflanzenwurzeln gleich= jam in der Knechtſchaft im Boden zurücgehalten werden önnen, hat erſtaunt auf das neu erſtandene Pflanzenleben gebli>t und nicht begriffen, woher daſſelbe ſo plöblich ge= fommen iſt. Noch mehx wird ſein Staunen wachſen, wenn er im zweiten Sommer dieſelbe Lichtung wieder betritt und abermals eine neue Pflanzenwelt ſi<h vor ihm aus= dehnt.
Schon im erſten Sommer haben fich zwiſchen den zarten Gräſern, feſt auf die Erde gedrüct, Büſchel großer, läng= licher Blätter bemerkbar gemacht, welche die nächſten Gräſer überwachſen, ihnen Luft und Sonnenſchein geraubt und deren kräftige Wurzeln dem Boden die beſte Nahrung entzogen haben. Dieſe Blätterbüſchel haben ſi<h im zweiten Sommex bedeutend vergrößert, ſie haben die Gräſer immer mehx zurü> gedrängt, hohe Blüthenſtengel find aus ihnen empor= geſchoſſen und nehmen die Sonnenſtrahlen für ſi<h in An= ſpruch, das iſt der rothe Fingerhut mit ſeinen prächtigen, fußlangen, roſenrothen Blüthenähren. Neben ihm find in großer Anzahl dur< den heißen Sonnenſtrahl hervorgelo>t die ſhmalblättrigen Weidenröschen emporgeſchoſſen und wiegen thre zierli<h ſ<lanfen Aehren mit den leuchtend rothen Blüthen im Winde. Als Dritter im Bunde er=
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