Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.
2300 Schaffot-Reden.
Räubex, die oft von der widerlihſten , in England leider in allen Ständen fo verbreiteten Heuchelei, vermiſcht mit mühſam verhehlter Spißbubeneitelkeit und Gaunerfrechheit eingegeben ſind, auf den deutſchen Geſ<hma> meiſt abſtoßend und unſere Gefühle mehr oder minder verleßend. Jn England abex bilden ſie die erbauli<ſten Unterlagen für Pre= diger zur Ermahnung der Gemeinde.
Einer dex hierher gehörigen Fälle iſt folgender.
Am 8. Januar 1664 fand man einen Greis in ſeiner Wohnung geknebelt in einem hilfloſen Zuſtande am Boden liegen. Diebe hatten ihn beraubt. Einige Tage darauf wurde ein gewiſſer Turner, der wegen vielfacher übler Streiche allgemein bekannt war, als Verüber des Raubes verhaftet. Turner wurde zum Tode dur< den Strang verurtheilt. Er betrat das Schaffot und ſagte zu dem Henker: „Meine Freunde wünſchen ſi< in meine Kleider zu theilen; hier ſind fünfzig Schilling für Dich und außer= dem noh zwei Schilling ſe<8 Pence zu einem friſchen Trunk, und fünfzehn Schilling für die Chrenmännex, die meinen Leib beerdigen und meine Kleider an eine gewiſſe Miſtreß Smith abgeben follen!“ Hierauf wendete er ſich an das Volk: „Sir Richard Ford, und Sie, zweiter Herr Richter, und Jhr Alle, edle Verſammelle, ih zahle meire Schuld, die wir Alle der Natur abzutragen haben. Gott ſtraft mich für meine Sünden, ih bin ein großer Verbrecher; ih habe ihn oft geläſtert und bei ſeinem Namen falſch geſ<hworen; doh ih hege die Hoffnung und Zu= verſicht, daß Chriſti Blut auch meine Sünden abwaſchen wird!“