Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

16 Dex Talisman des Weibes.

Dreyſing bemerkte mit Erſtaunen, daß die Sprecherin vor dem zornigen Bli> ihres Gatten die Augen zu Boden [<lug. Ex wußte plöblich, daß es ſich hier um mehr als um ein Wortſcharmüßel handelte, und bereute ſeinen Scherz. Zugleich fielen ihm verſchiedene Aeußerungen Jrma’s ein, die ihm jeßt in einem ganz anderen bedeutſamen Lichte erſchienen.

Greiberg, welcher mit ſeinex ganzen Aufmerkſamkeit an Jrma gebannt war und jede ihrer Bewegungen entzü>t verfolgte, löste die unheilvolle Spannung dur eine Trage na< Fräulein Werner.

„a, wo bleibt Margarethe? Warum ift ſie nicht be= veits hier?“ frage Meiſchi> finſter.

Jrma zu>te die Achſeln. „Sie ſpielt gern das Aſchenbrödelchen. Warum ſoll ih ihr dies unſchuldige Ver= gnügen rauben?“

„Das heißt, ſie —“ fuhr Meiſchi> auf, aber im Hin= blid auf ſeine Gäſte bezwang ex ſi<h und * läutete am Glo>enzug, „Fräulein Werner möchte erſcheinen !“

„Alſo,“ fiel Dreyſing ein, nachdem er ſich von ſeinem Erſtaunen erholt hatte, „jeht werden wir Zhr Pflegekind zu ſehen bekommen, Herr College! Welcher Gattung der weiblichen Schönheit iſt ſie zuzuzählen ?“

„Gar feiner!“ erwiederte Meiſchi> fkuxz.

„Gibt es ſo viele Gattungen ?“ fragte Jrma neu= gierig. „Jh dächte, was ſchön iſt, wäre ſ{hön?“

„Dex Kenner urtheilt ſubtiler. Da iſ pro primo das laſſiſche Profil: Stirn und Naſe beinahe von gleicher Linie, Alles ſtrengſte Proportion bis in die Ohrläppchen

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