Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

6 Dex Talisman des Weibes.

ſchied, ob ein Cylinderhut am Riegel hängt oder eine Spißenkapotte ?“ :

„Nirgends,“ ſchaltete Fowder ein, „als in der Voreingez nommenheit der Männer!“

„Und in den Anſtandsregeln!“ warf der Graf unſäg=z lich widerlih berührt ein. Wäre ex nicht Dreyſing's Gaſt geweſen, ſo würde er jeht ſeinen Stuhl zurü>geſtoßen haben und davon gegangen ſein. Nux die Rüdcſicht auf ſeinen lieben8wiirdigen Wirth bewog ihn zu bleiben.

Doktox Fowder runzelte die Stirn. „Mein Herr —

„Graf Freiberg!“ unterbrach dieſer ihn mit abweiſender Kälte, welche Dreyſing ins8geheim entzüd>te.

Frau Mechelmann hatte aufgehor<t, jebt legte fie ihre Gabel nieder und rief malitiòs, den jungen Mann bez obachtend. „Ein Graf? Ein wirklicher Graf? Ah, es iſt das erſte Mal in meinem Leben, daß ih mit einem ſolchen zuſammenſpeiſe! Die Bekanntſchaft des ungariſchen Grafen im vergangenen Wintex hatte mih ſchon mißtrauiſch genug gemacht, in jedem Grafen einen dur<hgegangenen Kellner zu wittern !“

„Jhr Herr Gemahl befindet ſi< hoffentli<h niht gar zu ſ{le<t?“ fiel Dreyſing ein.

„Krank? Ex? Nein! Abex mein älteſter Knabe hat die Bräune gehabt und bedarf noch der Pflege. Nun, das geht Jhnen wohl wieder über allen Spaß?“ lachte ſie, ſi weit in den Seſſel zurüälehnend. „Natürlich, dazu find wix Frauen ja in dex Welt, alle Unannehmlichkeiten auf unſere Schultern zu laden! Alſo, mein verehrter Herr Graf, worin liegt der Grund, daß ih heute Abend in dex

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