Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

110 Der Talisman des Weibes.

Wort mit ihr we<ſeln und gehen. Als er in den Salon trat, ſtand die Thüre ihres S<hlafgemache2 weit geöffnet. Dex Graf hörte, wie Jrmengard nebenan mit unſicherer Hand ein Glas Waſſer ſi<h eingoß und wie ihre Zähne leiſe an dem Glaſe flixrten. Dann kam ſie zurü>. Augen= ſcheinlich hatte ſie ihn nicht zu finden erwartet, denn beim erſten Anbli> ſto>te ihr Fuß, als tolle fie an der Schwelle ſtehen bleiben, dann aber ſtürzte ſie vorwärts. Beide Hände ineinander verſchlungen ſtand ſie vor ihm und die gloÆenhelle Stimme klang rauh vor Erregung.

„Wer ſaß in dem Wagen? Bei Deiner Ehre frage ih Dic, an wen haſt Du meinen Glauben, meine Zu= verſicht verrathen ?“

Dex Graf hatte ſeine Ruhe wiedergewonnen. „Frau v. Paſſevini war die Eine, die Andere heißt Gaëtannina di Caſſero.“

Sie ſtarrte ihn ungläubig an. „Gaëtannina ?“ murmelte ſie. „Jene Gaëtannina? Die Himmelsbraut ?“

„Jrmengarxd, vergib!“ ſagte ex dringend.

Sie trat zurü>, drü>te ihr Spißentuh feſt an die Lippen und ſchaute ihm voll in's Antliy. Endlich ſank ihre Hand herab gegen das krampfhaft zu>ende Herz und vergrub ſi dort in die weichen Falten ihres Gewandes. Dann lachte ſie kurz und heftig auf, wandte ſi<h von Freiberg ab und ſagte laut: „Sie ſind frei, Herr Graf!“

„Wenn meine Liebe ein Jrrthum war —*

Sie fiel ihm ſpöttiſh in die Rede. „Hätten Sie ſich diè Mühe gegeben, unſeren Klaſſiker Dreyſing beſſer zu ſtudiren, ſo würden Sie dieſen Lehrſaß ganz vorn am