Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
112 Der Tali8man des Weibes.
Ungemach, das mix nicht aus ſeinen Händen kam! Dieſer ſelbe Mann nahm mix die Freuden meiner Jugend, den Glauben an meinen eigenen Werth, er bra<h mein Herz durch den unerhörteſten Verrath und raubte mir, was Nie= mand wiederzugeben vermag, mein Augenlicht. Begreifen Sie jezt? Ex hat mich in die ewige Nacht geſtürzt, mich unterthan dem Mitleid fremder Menſchen gemacht, die Ruhmeskrone mix vom Hüupt geſchleudert —“ Sie preßte in namenloſem Schmerz die Lippen auf einander, man ſah, wie dieſer langverhaltene Auëbruch jede Fiber ihres Kör= pers empdrte. „Dieſer Mann,“ flüſterte ſie, „dieſer Mann mit der geſpaltenen Zunge und dem Baſiliskenbli>, dieſer Mann ohne Mitleid, ohne Erbarmen, ohne Empfindung —“ Die Sprache verſagte ihr vor Erregung.
„Was wollten Sie thun, um ſih zu rächen?“ fragte die Stiftsdame gelaſſen, obwohl ſelbſt erſchüttert von diez ſem trügeriſhen Bekenntniß.
„Gift nehmen und hingehen und vor ſeinen Füßen ſterben und vor denen ſeines Weibes und —“ Es über= mannte ſie.
„Treulos war ex gegen Sie?“ forſchte Tante Käthe, die Schweißtropfen von Jrmengard's Stirn troknend.
„Jh nahm auf ſeinen Befehl und auf Betreiben ſeiner Tante, die darauf ausging, mich von ſeinem Herzen zu trennen —“
„Nein, nein !“ fiel die erxſ<ro>Æene Frau unwillkürlich ein. Aber ſie faßte ſich ſchnell und fuhr gelaſſen fort: „Wie können Sie ſo ungereimte Dinge glauben!“
Jrmengard, deren Bruſt unaufhaltſam, wie der Krater