Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
T2 Dex Talisman des Weibes.
Herz. „Nimm mein Leben, Hans, es hat keinen Werth für mi<h ohne Deine Liebe !“
„Und dennoch, dennoch verließeſt Du mich?“ fragte er von Schmerz bezwungen. „Dennoch gingſt Du von mir?“
„Vor Dix nicht, Hans! O, vor Dix wäre ih niht geflohen!“ rief ſie bebend vor Scham und Reue.
Er trat zurü> und exrblaßte ſichtlih. Jhre Hand heftig in der ſeinen drückend fragte er mit ſcharfer Stimme: „Vor mix niht? Vor wem denn ?“
„Vor Deiner leßten Drohung, vor Tante Käthe's Korreftion8haus floh ih, ſo wahr Du mich hier vor Dir ſiehſt.“
Ex ließ ihre Hand fahren und wandte ſich ab.
„Jh haſſe dieſe Frau,“ rief ſie außer ſih, „mehr als ich auszudrü>en vermag! Sie war das ſtörende Glied unſerex Vereinigung! Aus ihren Briefen quoll der erſte Gifttropfen in Deine Seele! Du hielteſt zu ihr und nicht zu mir! Du nannteſt mi ein ſtörriſches, eigenwilliges, unerzogenes Kind und gabſt ihr das Recht, mich zu miß= achten! Zwiſchen unſere Herzen legteſt Du die Weisheits= ſprüche Deiner Tante und wußteſt nicht, wollteſt es niht wiſſen, daß ein zärtlihes Wort von Dir mich tiefer Über= zeugt hätte, als alle Vorſtellungen der Welt! Jh gab Dix Alles, aber Du ſchobſt meine Cigenart zurü>, wie man eine läſtige Zugabe bei Seite ſchiebt! War das recht, Hans? Hätteſt Du an jenem Abend“ — ſie ſenkte ihr erglühendes Antliß — „Hälteſt Du mich an jenem Abend nicht meiner bitteren Enttäuſchung überlaſſen, ſondern an Dein Herz genommen, wix ſtänden einander jeßt anders gegenüber, ganz anders, o, glaube mir!“ -