Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
52 Erſte Ordnung: Affen.
den mitfühlenden Menſchen kläglich bittend, ja wahrhaft menſchli< in das Geſicht. Je mehr er ſeinem Ende zugeht, um ſo milder wird er; das Tieriſche verliert ſi<h, und die edlere Seite ſeines Geiſtes zeigt ſi< heller. Er erkennt jede Hilfe mit größtem Danke, ſieht bald in dem Arzte ſeinen Wohlthäter, nimmt ihm gereichte Arzneién willig ein, geſtattet ſogar wundärztliche Eingriffe, ohne ſi<h zu wehren. Auch bei übrigens geſunden Affen fränkelt in der Regel wenigſtens der Schwanz; ſein Ende wird wund, eitert, bekommt den Brand, und ein Glied na<h dem anderen fällt ab.
J<h weiß niht, ob ih irgend einen Affen als Hausgenoſſen anraten darf. Die munteren Geſellen bereiten viel Vergnügen, verurſachen aber noh weit mehr Ärger. Auf loſe Streiche aller Art darf man gefaßt ſein, und wenn man eben nicht die Geiſteskräfte des Affen ſtudieren will, bekommt man jene doh bald gründlich ſatt. Die größeren Arten werden au<h mitunter gefährlih; denn ſie beißen und fraßen fürchterlih. Als frei herumgehendes Haustier iſt der Affe niht zu dulden, weil ſein ewig regſamer Geiſt beſtändig Beſchäftigung verlangt. Wenn ſein Herr ſolche ihm niht gewährt, ſchafft er ſie ſi ſelbſt und dann regelmäßig niht eben zum Vorteile des Menſchen. Einige Arten ſind ſhon wegen ihrer Unanſtändigkeit nicht zu ertragen.
Das Leben und Treiben der zahmen, faſt als Haustiere zu betrahtenden Affen in der Station der Loango-Expedition, wo außer Gorilla und Schimpanſen no< mehrere Arten Meerkaßen, Mandrille und ein Mohrenaffe beobachtet wurden, ſchildert Pehuel-Loeſche folgendermaßen: „Ein ſehr feſſelnder Charakterzug unſerer Affen war es, irgend ein Ge[höpf oder Ding zum Gegenſtande ihrer Neigung oder doh Sorgfalt zu erwählen. Daraus erwu<ſen die ſonderbarſten Tierfreundſchaſten. Es iſt ja allgemein bekannt, daß Affen die Kinder ſelbſt irgend welcher anderen Art ohne weiteres annehmen, auf das zärtlichſte beſhüßen und ſih ſelbſt von den Toten niht trennen wollen. Wenn unſer Schäferhund Trine uns wieder mit Jungen beſchenkt hatte und dieſe von Flöhen wimmelten, ſo ſeßten wir ſie zu den Meerkaßen ins Affffenhaus. Dort wurden ſie ſreudig aufgenommen, glei emſig wie zart geſäubert und gehätſchelt, während der alte Hund von außen ganz verſtändig zuſah. Ein großes Gezeter gab es aber, wenn wir die Pfleglinge wieder abholten; man hatte ſie unter ſi< verteilt und gedachte offenbar, ſie dauernd zu behalten.
„Der übermütige Mohrenaffe hielt treu zuſammen mit dem Gorilla und mit dem Regenten des Gehöftes: dem ſtattlichen glatthaarigen Hammel Mfuka. Der Pavian Ja hatte Freundſchaft mit einem ſtraffen Ferkel geſchloſſen und verſuchte auf deſſen Rü>en öfters die ſeltſamſten Reiterkünſte; ſpäter trat an Stelle des munteren Schweinchens ein herangewachſener Hund, mit dem er in drolligſter Weiſe ſpielte. Die unwirſche Zſabella hatte ſi einen Graupapagei erwählt; als ſie ihm aber eines Tages die ſhönen roten Shwanzfedern einzeln auszurupfen begann, löſte ſich der merkwürdige Freundſchaftsbund.
„Der Mohrenaffe vertrug ſi< mit den Meerkaßen ausgezeichnet, wenn er und ſie ſi< in vollſtändiger Freiheit austummeln durſten; dann tollten ſie gemeinſchaftli< im Gehöfte, über Dächer, in Garten und Feld. Anders, wenn er angelegt war und die Meerkaßen in ihrer Behauſung ſaßen; dann führten ſie Krieg gegeneinander .durh- die Gitterſtäbe des Afffenhauſes: Mohr ſchlug hinein, zauſte und knuffte die zierliheren Genoſſen, wenn immer er ſie greifen konnte. Und dieſe hatten es auf ſeinen Stolz und zugleich beſten Angriffspunkt: auf den ſ<hönen langen Schwanz, abgeſehen. Wehe Mohx, wenn dieſes buſchige Anhängſel einmal an die Lü>en der Affenhausſtäbe geriet: im Nu hatten es die Meerkaßen hineingezogen und hingen ſi daran, ſo viele ihrer nux Halt fanden, ſo daß Mohr, ſhmählih und hilf los gegen die Stäbe geklemmt, nun ſeine Mißhandlungen mit Zinſen heimgezahlt erhielt.
„Man ſagt den Affen nach, daß ſie ſehr lüſtern nah gebrannten Getränken ſeien. Die
unſeren waren es nicht, bewieſen ſogar einen großen Abſcheu dagegen. Nachdem wir ſie