Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Gorilla: Hermes! Vergleiche und Schilderungen. T3
Affen hatte ſie ihre ausgeſprochenen Lieblinge, mehr noch liebte ſie Kinder, und je kleiner dieſe waren, deſto mehr beſchüßte ſie dieſelben. Größere behandelte ſie mehr als ihresgleichen, ſcherzte mit ihnen, teilte Ohrfeigen aus und that es ihnen im Purzelbaumſchlagen zuvor. Als ſie vor einiger Zeit einem Herzleiden erlag, war mir zu Mute, als ob ein alter Bekannter von mir geſchieden wäre. Ein anderer Schimpanſe, zwar ſchon 2 Fahre in Gefangenſchaft, aber noh wild und ungezogen, erſebt zwar die Art, niht aber entfernt das Temperament, die Tugenden Tſchegos.
„Von allen Anthropomorphen der vornehmſte aber iſt der Gorilla. Es iſt, als habe er ein Adelspatent mit auf die Welt gebraht. Unſer. etwa 2 Fahre alter männlicher Gorilla hat eine Höhe von faſt 3 Fuß erreicht. Sein Körper iſt bede>t mit ſeidenweichem, grau meliertem, auf dem Kopfe rötlihem Haare. Seine derbe, gedrungene Geſtalt, ſeine muskulöſen Arme, ſein glattes, glänzend ſhwarzes Geſicht mit den wohlgeformten Ohren, das große, fluge, nediſhe Auge geben ihm etwas frappant Menſchenähnliches. Er würde einem Negerfnaben gleihen, wenn die Naſe förmlicher geſtaltet wäre. Dieſer Eindruck ſteigert ſich durch die Unbeholfenheit ſeines ganzen Weſens; jede ſeiner Bewegungen läßt mehr einen tölpelhaften Buben als einen Affen erkennen. Wenn er, daſißend wie eine Pagode, ſeinen Bli über das ihn anſtaunende Publikum ſ{hweifen läßt und dann mit ni>endem Kopfe plößlich in die Hände klatſcht, hat er ſich im Nu die Herzen aller erobert. Er verkehrt gern in großer Geſellſchaft, unterſcheidet Jung von Alt, Männlich von Weiblich. Gegen Kinder von 2—8 Fahren iſt er liebenswürdig, er küßt ſie gern und läßt ſih alles gefallen, ohne jemals von ſeinen überlegenen Kräften Gebrauch zu machen. Ältere Kinder behandelt er ſchon ſ{hle<ter; läßt er ſi< au< gern auf das Spielen mit ihnen ein, rennt mit ihnen um die Wette um Tiſh und Stühle, die er häufig umwirft, dabei in ne>iſher Weiſe bald dieſem, bald jenem einen Schlag mit der Oberfläche ſeiner Hand verſeßend , ſo geniert er ſich auh niht im mindeſten, mitten im Spiele ein Bein zu erfaſſen und ſeine Zähne daran zu probieren. Auf dem Arme von Damen benimmt ex ſih höchſt dankbar, er umarmt ſie, und ſih an ihre Schulter lehnend, bleibt er gern längere Zeit auf ihrem Schoße. Jm allgemeinen Affenkäfig ſpielt er gern, und hier iſt er der unbedingte Beherrſcher, ſelbſt der Schimpanſe ordnete ſich ihm widerſtandslos unter. Er behandelte dieſen aber ebenbürtiger, indem er ihn faſt aus\<hließlih als Spielgefährten erwählte und ihn, wenn au<h man<hmal etwas derb, liebkoſte, während ex rüd>ſi<htslos mit dem gemeinen Affengeſindel verkehrte. Er pa>kte den Schimpanſen, und ihn feſthaltend, wälzte er ſi< mit ihm auf der Erde. Entwiſchte er ihm, ſo fiel der Gorilla wie ein ungeſchi>ter Knabe mit vorgeſtre>ten Händen auf die Erde. Sein Gang hat mit dem des Schimpanſen viel Ähnlichkeit, er geht auf der Sohle des Fußes, indem er ſich wie dieſer auf die Außenflächen der Hand ſtüßt. Aber er ſeßt die Füße mehr auswärts und trägt den Kopf aufrecht mit einer Vornehmheit, die den Eindru>, als gehöre er den höheren Ständen an, hinterläßt. Fn guter Laune, die ihn übrigens ſelten verläßt, ſte>t er die Spitze der roten Zunge aus dem glänzend ſ{<warzen Geſichte, was den negerbubenhaften Eindru> noch erhöht.
„Menſchenähnlich wie ſein ganzes Weſen iſt auh die Weiſe, wie er lebt. Morgens um die ahte Stunde erhebt er ſih von ſeinem Lager, ſeßt ſih aufre<ht hin, gähnt, kraßt ſich an einigen Stellen ſeines Körpers und bleibt ſ{hlaftrunken, teilnahmlos, bis ex ſeine Morxgenmil< eingenommen hat, die er aus einem Glaſe zu trinken pflegt. Nunmehx, ganz ermuntert, verläßt er ſein Bett, ſieht ſi< in der Stube um, ob er für ſeine Zerſtörungsluſt einen Gegenſtand findet, gu>t zum Fenſter hinaus, fängt zu klatſchen und in Ermangelung paſſenderer Geſellſchaft mit dem Wärter zu ſpielen an. Stets muß dieſer bei ihm ſein. Nicht einen Augenbli> bleibt er ganz allein. Mit ſchrillen Tönen ſchreit ex, wenn er ſih von dieſem verlaſſen findet. Um 9 Uhr wird er gewaſchen, was ihm wohlgefällt. Mit