Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Alfred Edmund Brehm. NNXTIT
woſelbſt die Vorbereitungen zu einer kurzen Reiſe durch die Wüſtenſteppe Bajuda zu treffen waren, die am 30. Dezember angetreten wurde. Das denkwürdige Jahr 1848 begann gleih am Neujahrstage niht gerade angenehm mit Verirrung und Durſtqualen. Aber ſchon am 4. Januar war das Land der Schwarzen des Sudan mit ſeinen ſchattigen Wäldern erreiht; Nashornvögel und Marabus, der bis hierher zurückgedrängte heilige Jbis und der kleine ſhwarze Storh des Sudan bereiteten ſie auf eine neue Zone des Tierlebens vor. Das leßtgenannte Tier iſt dort und noh in höherem Grade als fein ſ{warzweißer Vetter bei uns Hausfreund, wie denn überhaupt der Mohammedaner dazu neigt, jedem unſchädlichen Tiere Gaſtfreundſchaft zu erweiſen, und ſeine Kinder von früheſter Jugend auf anhält, die Eier und Brut der Vögel zu ſchonen. Deshalb brüten dort viele Vögel ſehr vertrauensvoll in der Nähe der menſchlihen Wohnungen, und Brehm vermochte ſich nux dur die Vorſpiegelung, Arznei daraus bereiten zu wollen, die Eier des verehrten „Simbil“ zu verſchaffen.
Am 8. Zanuar erreichten die Reiſenden Chartum, die damals erſt 25 Jahre alte Hauptſtadt des Sudan, und wurden von dem Gouverneur Soliman Paſcha ſehr freundlich empfangen. Da hier ein längerer Aufenthalt in Ausſicht genommen war, wurde alsbald eine fleine Menagerie angelegt, ein zahmer und ſehr drolliger Marabu, einige Affen, Gazellen und Strauße angeſchafft, worauf Brehm ſogar mit einigen jungen Hyänen Züchtungsverſuche zu machen begann. Die Jagd war ſehr ergiebig, namentlich in den Wäldern an den Ufern des Blauen Fluſſes, wohin ſich Brehm mit zwei nubi1hen Dienern begeben hatte; aber ein ſtarker Anfall des klimatiſchen Fiebers, welches ſih ſhon während der Nilreiſe eingeſtellt hatte und ihn hier mitten im Urwalde an ſeinem 20. Geburtstage dur<ſchüttelte, zwang ihn, im elendeſten Zuſtande nah Chartum zurüczukehren, um "ich die einzige dagegen wirkſame Arznei, Chinin, zu holen. Einigermaßen wiederhergeſtellt, kehrte Brehm in den Urwald zurüd, um ſeine bereits zu 130 präparierten Vogelbälgen angewachſene Beute zu holen, und bei dieſer Gelegenheit hätte eine Mißhelligkeit mit dem Baron beinahe zu einem Bruche und vorzeitigem Abſchluſſe der afrikaniſchen Reiſe geführt. Leßterer hatte nämlih auf eine größere Ausbeute gere<hnet, obwohl dieſe bei der Schwierigkeit, in dem unwegſamen, von Stacheln und Dornen ſtarrenden Urwalde vorwärts zu kommen, ganz abgeſehen von den Krankheitsanfällen, anſehnlih genug war. „Mich empörte“, ſchreibt Brehm in ſeinem Reiſebericht, „dieſe Undankbarkeit; ih hatte ſelbſt fieberſhwah noh gearbeitet. Damals habe i zum erſten Male gefühlt, daß die Bemühungen eines Sammlers oder Naturforſchers nur ſelten anerkannt werden. Und hätte nicht gerade die Wiſſenſchaft ihre unwiderſtehlichen Reize, wäre ſie es niht, welche die ihr Ergebenen durch den Genuß, ihr, der hohen, dienen zu können, belohnt, ih würde von jener Stunde an keine Beobachtung mehr gemacht, fein Tier mehr geſammelt haben. Und damit würde ich mir ſelbſt die Thore meines Glückes verſchloſſen haben, denn mehr und mehr lerne ih es verſtehen: meine beſhwerlichen Reiſen, meine trüben Erfahrungen haben mir überreihen Lohn gebraht.“
Ende Februar ſ<hloſſen ſich die Reiſenden dem Major Petherik, einem in ägyptiſchen Dienſten ſtehenden Engländer, welcher der Landesſprache kundiger war als ſie, zur Weiterreiſe nah Kordofan an, woſelbſt der Genannte geologiſche Unterſuhungen vorzunehmen