Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Honigdachs. JFndiſcher Ratel. 659

bekannt bei allen Jägern, daß Hunde nicht im ſtande ſind, das verhältnismäßig ſ{<hwache, nihtsſagende Tier zu bezwingen.“

Der Natel ſtellt übrigens niht bloß dem Honig nah, ſondern liebt auh kräftigere Nahrung. Carmichael ſagt, daß er von den Beſißern der Hühnerhöfe als eines der ſ{hädliſten Tiere betrahtet werde. Fn der Algoabai zankten ſih einmal Bauern um das Eigentum der Eier, welche die Hühner verlegt hatten. Der Natel machte in einer Nacht dieſem Streite ein Ende, indem er einfach allen Hühnern, gegen 30 Stüc, den Kragen abbiß und drei tote in ſeine Höhle ſchleppte.

Man verſichert, daß der Honigdahs mit 2 oder 3 Weibchen lebe und dieſe niemals aus den Augen laſſe. Zur Nollzeit ſoll er wild und wütend ſein, ſelbſt Menſchen anfallen und mit ſeinen Biſſen ſchwer verwunden. Übrigens wehrt er ſich ſeiner Haut, wenn er angegriffen wird. Es iſt nicht ratſam, ihn lebend pa>en zu wollen; denn er weiß von ſeinen Zähnen einen ungemein empfindlichen Gebrauh zu machen. Ehe er zum Beißen kommt, ſucht ex ſih zu retten, indem er ſi, wo es der Boden erlaubt, dur< unglaublich raſches Eingraben in die Erde verſenkt oder aber ſeine Stinkdrüſen gegen den Feind entleert.

Man ſagt, daß der Honigdachs bloß im höchſten Notfalle ſih ſeines Gebiſſes bediene. Wenn dies wahr iſt, begreife ih ihn niht; denn das Gebiß iſt ſo kräftig, daß es jedem Jäger und jedem Hunde Achtung einflößen und beide zur Vorſicht mahnen muß. Dagegen bin ih von der Lebenszähigkeit des Tieres vollkommen überzeugt. An den beiden Schüſſen, wel<he mein Freund van Arkel d'Ablaing eines Abends im Menjathale auf kaum 20 Schritt einem Honigdachſe zukommen ließ, hätte ein Löwe genug haben können; der Natel aber wax davongegangen, als wäre ihm nichts geſhehen. Wir durchſtöberten am nächſten Morgen das Gebüſch. Hierbei brauchten wir bloß der Naſe nachzugehen; denn der in der Nacht gefallene Regen hatte den Geſtank wohl etwas gedämpft, aber keine8wegs vernichtet. Es ro<h no< immer ſo abſcheulih, daß nux unſer Eifer die Suche uns exträglih machen konnte. Die Bauern des Kaplandes ſollen ſih ein „Vergnügen“ daraus machen, dem Ratel ihre Meſſer in verſchiedene Teile ſeines Leibes zu ſtoßen, weil ſie wiſſen, daß ſie hierdurh noch keine8wegs ſeinen raſchen Tod herbeiführen. Bei getöteten, welche von Hunden gebiſſen worden waren, konnte man niemals im Felle ein Loch bemerken. Starke Schläge auf die Schnauze ſollen ihn jedo<h augenbli>li< töten.

Der indiſche Ratel (Melliÿyora indica, M. ratel, Ursus indicus, Ursitaxus inauritus) ſoll in ſeiner Lebensweiſe ſih wie unſer Afrikaner verhalten, auch ein ſehr {hädlicher Beſucher der Geflügelhöfe ſein. Er wird jedo<h von den Eingeborenen überdies behuldigt, die Gräber aufzuwühlen, um ſih an den Leihnamen zu ſättigen (?). Seine Verbreitung erſtre>t ſi< über ganz Fndien weſtlih und nordweſtlich von der Bai von Bengalen bis zum Fuße des Himalaja, mit Ausnahme der Malabarküſte und Unterbengalens. Auf Ceylon fommt ex niht vor.

Jung eingefangene Ratels werden zahm und ergößen durch die Plumpheit und Abſonderlichkeit ihrer Bewegungen. Sie pflegen höchſt ernſthaft und unermüdlich in ihrem Gefängnis auf einem und demſelben Pfade herumzulaufen und genau an beſtimmten Stellen gleichmütig Purzelbäume zu ſ{<lagen. Haben ſie es einmal vergeſſen, ſo ſtußen ſie, kehren um und holen das Verſäumte gewiſſenhaft nah. Jch beobachtete an Gefangenen, daß ſie mit bewunderungswürdiger Regelmäßigkeit ihre höhſt komiſhen Purzelbäume immer genau auf derſelben Stelle ihres Käfigs machen, hundertmal nacheinander, falls ſie die Laune anwandelt, ihren Käfig ſo oft zu durchmeſſen. Die beiden bekannteſten Arten ſind im Londoner Tiergarten zuſammengeſperrt, vertragen ſih vortrefflich und ergößen dur ihren unverwüſtlichen Humor. Ein Ratel, welchen ih pflegte, war viel langweiliger, unzweifelhaft nur

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