Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

672 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

macht er auh noc von einer anderen Fertigkeit landlebender Tiere Gebrauch, indem er dur Einhäkeln ſeiner immer noch ziemlich ſcharfen Krallen an ſchiefſtehenden Bäumen, aber freilih ſo tölpiſh und ungeſchi>t als mögli<h, emporklettert.

Ganz anders bewegt er ſi< im Waſſer, ſeiner eigentlichen Heimat, welche ex hei der geringſten Veranlaſſung flüchtend zu erreichen ſucht, um der ihm auf dem feindlihen Lande drohenden Gefahr zu entgehen. Der Bau ſeines Körpers befähigt ihn in unübertrefflicher Weiſe zum Shwimmen und Tauchen: der ſchlangengleiche, breite Leib mit den kurzen dur< große Schwimmhäute zu kräftigen Rudern umgewandelten Füßen, der ſtarke und ziemlich lange Schwanz, welcher als treffliches Steuer benußt werden kann, und der glatte, ſ{hlüpfrige Pelz vereinigen alle Eigenſchaften in ſich, welche ein raſhes Durchgleiten und Zerteilen der Wellen ermöglichen. Zur Ergreifung der Beute dient ihm das ſcharfe, vortreffliche und kräftige Gebiß, welches das einmal Erfaßte, und ſei es noch ſo glatt und ſ{<lüpfrig, niemals wieder fahren läßt. Jn den hellen Fluten der Alpenſeen oder des Meeres hat man zuweilen Gelegenheit, ſein Treiben im Waſſer zu beobachten. Er ſchwimmt ſo meiſterhaft nach allen Richtungen hin, daß er die Fiſche, denen er nachfolgt, zu den größten Anſtrengungen zwingt, falls ſie ihm entgehen wollen; und wenn er nicht von Zeit zu Zeit auf die Oberfläche kommen müßte, um Atem zu ſchöpfen, würde wohl {hwerli< irgend welcher Fiſch ſhnell genug ſein, ihm zu entrinnen. Dem Fiſchotter iſt vollflommen gleichgültig, ob er auf- oder niederſteigt, ſeitwärts ſih wenden, rüctwärts ſih drehen muß; denn jede nur denkbare Bewegung fällt ihm leiht. Gleichſam ſpielend tummelt er ſi< im Waſſer umher. Wie ih an Gefangenen beobachtete, ſchwimmt er manhmal auf einer Seite, und oft dreht er ſi, ſcheinbar zu ſeinem Vergnügen, ſo herum, daß er auf den Rücken zu liegen kommt, zieht hierauf die Beine an die Bruſt und treibt ſih no< ein gutes Stü mit dem Schwanze fort. Dabei iſt der breite Kopf in ununterbrochener Bewegung, und die Shlangenähnlihkeit des Tieres wird beſonders auffallend. Auch bei langem Aufenthalte im Waſſer bleibt das Fell glatt und tro>en. Zur Nachtzeit will man bemerkt haben, daß es bei raſchen Bewegungen einen elektriſhen Schein von ſih gibt. Die Waſſerſchicht, in welcher ein Fiſchotter ſhwimmt, iſt leiht feſtzuſtellen, weil von ihm beſtändig Luftblaſen aufſteigen, und auh das ganze Fell eine Art Umhüllung von feinen Luftbläschen wahrnehmen läßt. Zur Zeit des Winters ſucht ex, wenn die Gewäſſer zugefroren ſind, die Löcher im Eiſe auf, ſteigt dur ſie unter das Waſſer und kehrt auh zu ihnen zurü>, um Luft zu ſ{höpfen. Solche Eislöcher weiß er mit unfehlbarer Sicherheit wieder aufzufinden, und ebenſo geſchi>t iſ er, andere, welche er auf ſeinem Zuge trifft, zu entde>en. Ein Eislo< braucht bloß ſo groß zu ſein, daß er ſeine Naſe dur<hſte>en kann, um zu atmen: dann iſt das zugefrorene Gewäſſer vollkommen geeignet, von ihm bejagt zu werden.

Jm Freien vernimmt man die Stimme des Fiſchotters viel ſeltener als in der Gefangenſhaft, wo man ihn weit leihter aufregen kann. Wenn er ſi re<t behaglih fühlt, läßt ex ein leiſes Kichern vernehmen; verſpürt er Hunger, oder reizt man ſeine Freßgier, ſo ſtößt er ein lautes Geſchrei aus, welches wie die oft und raſh nacheinander wiederholte Silbe „girrt“ klingt und jo gellend iſt, daß es die Ohren beleidigt; im Zorne freiſht er laut auf; verliebt, pfeift er hell und wohltlingend.

Die Sinne des Fiſchotters ſind ſehr ſcharf; er äugt, vernimmt und wittert ausgezei<net. Schon aus einer Entfernung von mehreren hundert Schritt gewahrt ex die Annäherung eines Menſchen oder Hundes, und eine ſolche Erſcheinung iſt für ihn dann ſtets die Aufforderung zur ſ<hleunigſten Flucht nah dem Waſſer. Die unabläſſigen Verfolgungen, denen er ausgeſeßt iſt, haben ihn ſehr ſcheu und vorſichtig, aber auch ſehr liſtig gemacht, und fo kommt es, daß man tagelang auf ihn lauern fann, ohne ihn wahrzunehmen. Zwar trifft man ihn zuweilen auh bei Tage außerhalb ſeines Baues oder des Waſſers, behaglih hingeſtre>t