Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

680 Vierte Drdnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

und Frauen in Heſſen, Bayern und Schwaben getragen werden, in Norddeutſchland zu Pelzkragen und dergleichen, in China zum Beſate der Müßen, in Kamtſchatka endlich zum Einpaen der koſtbarſten Zobelfelle, weil man annimmt, daß es alle Näſſe und Feuchtigkeit an ſih zieht und dadurch die Zobelfelle ſhön erhält. Aus den Schwanzhaaren fertigt man Malerpinſel und aus den feinen Wollhaaren ſ{höne und dauerhafte Hüte. Wohl mit Unvet gelten die Pelze der Fiſchotter, welche an kleinen Flüſſen und Bächen wohnen, für beſſer als die ſolcher, welche an großen Flüſſen und Seen leben. Früher wurden auch" Blut, Fett und manche Eingeweide des Tieres als Arzneimittel gebraucht.

Der Fiſchotter war ſchon den alten Griechen und Nömern bekannt, obwohl ſie über ſein Leben viel fabelten. So glaubte man, daß unſer Tier ſelbſt den Menſchen anfalle und, wenn es ihn mit ſeinem fürchterlichen Gebiſſe erfaßt habe, niht eher loslaſſe, als bis es das Krachen der zermalmten Knochen vernehme, und dergleichen mehr.

Zux Vervollſtändigung des Lebensbildes unſeres Marders des Waſſers will ih no< eine Art der Gattung, die Lontra oder Axiranha der Braſilier (Lutra brasiliensis, Lontra brasgiliensis), mit den Worten des Prinzen von Wied und Henſels beſchreiben. Die Unterſchiede zwiſchen unſerem und dem braſiliſchen Fiſchotter ſind höchſt gering und beſchränken ſi<h weſentli<h auf die Bildung des Kopfes und Schwanzes: erſterer ſcheint im Vergleiche zu dem unſeres Fiſchotters mehr rund und nicht ſo platt gedrückt, leßterer beiderſeitig ſcharfkantig oder von oben nach unten abgeplattet. Das Gebiß hat keine weſentlichen Eigentümlichkeiten. Die Färbung des ſ{hönen kurzen Pelzes iſt ſchoktoladenbraun, unten etwas heller; der Unterkiefer ſieht gelblih oder weiß aus, und der ganze Unterhals bis zur Bruſt zeigt längliche, oft ſehr abwechſelnde weißliche Fle>en. Spielarten kommen ebenfalls vor. Verglichen mit unſerem Fiſchotter erſcheint die Ariranha als ein Rieſe: ihre Geſamtlänge beträgt 1,5—L7 m, wovon auf den Schwanz 55 — 68 ecm zu rechnen ſind.

Die Ariranha bewohnt beſonders die großen Flüſſe der Tiefebene und hier am liebſten die ruhigen Seitenarme derſelben, geht auh niht hoch in das Gebirge hinauf. „Fn wenig beſuchten Flüſſen von Braſilien“, ſchildert der Prinz von Wied, „findet man dieſe Tiere in zahlreichen Banden. Selten haben wir den Belmonte, den Ftabapuana, Flheos und andere Flüſſe beſchiſft, ohne durch die ſonderbare Erſcheinung ſolcher Geſellſchaften von Fiſ{hottern unterhalten zu werden. Sie haben die Sitten unſerer europäiſchen, ſind aber vollſtändige Tagtiere, welche mit Beginn des Morgens auf ihr Tagewerk ausgehen, mit der Dunkelheit des Abends aber ſi< zur Ruhe begeben. Wenn. eine ſolche Bande ankommt, hört man ſ{<hon von fern laut pfeifende, an das Miauen der Katen erinnernde Töne, von heftigem Schnauben und Schnarchen begleitet; das Waſſer iſt in Bewegung, und die äußerſt gewandt ſ{<hwimmenden Tiere kommen öfters mit dem Kopfe, ja mit dem halben Leibe über die Oberfläche empor, einen Fiſh in dem Rachen tragend, als wollten ſie ihre Beute zeigen. So ſteigen ſie, geſellſchaftlih fiſhend, die Ströme hinauf oder laſſen ſi< von dem Waſſer gemächlih hinabtreiben. Um die ihnen begegnenden Kähne tauchen ſie gaukelnd umher, ob{hon man ſie gewöhnlih mit der Flinte begrüßt.“

„Wenn man“/, ergänzt Henſel, „in einer leihten Canoa die ſtillen Seitenarme des Jacuhy oder ſeiner Zuflüſſe beſucht und, geſhüßt von dem Dunkel überhängender Äſte, geräuſchlos dahingleitet, wird man leiht in einiger Entfernung von Zeit zu Zeit dunïle Punkte bemerken, welche, gewöhnlich zu mehreren vereinigt, den Fluß durWſ<hwimmen. Sie verraten ſi< dem Auge des Jägers ſhon von weitem dur<h Wellenzüge, welche in Form eines ſpizen Winkels dur das Waſſer ziehen und an deren Scheitelpunkte dem bewaſſneten Auge den kaum hervorragenden Kopf der Ariranha erkennen laſſen. Hat man endli<h den Ort erreicht, ſo iſt alles verſhwunden, und lautloſe Stille, höhſtens unterbrochen von dem