Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
686 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.
Verzweiflung, daß ſie ſih einander entſeßlih zerbeißen. Zuweilen beißen ſie ſih ſelbſt die Füße ab, entweder aus Wut oder, weil ſie ſelbige verwickelt ſehen, aus Verzweiflung.
„Nichts iſt fürchterliher anzuſehen, als wenn der Eisgang ankommt, wobei man die Seeotter auf dem aus der See antreibenden Eiſe jagt und mit Keulen erſchlägt. Gewöhnlich iſt dabei ein ſolcher Sturm und ein ſolches Schneegeſtöber, daß man ſi< kaum auf den Füßen erhalten kann, und doh ſcheuen die Jäger es nict, ſelbſt in der Nachtzeit auf den Fang zu gehen. Sie laufen auh ohne Bedenken auf dem Eiſe fort, wenn es gleih im Treiben iſt und von den Wellen ſo gehoben wird, daß ſie zuweilen bald auf einem Berge erſcheinen und dann wieder gleihſam in den Abgrund fahren. Jeder hat ein Meſſer und eine Stange in den Händen und lange Schneeſchuhe an die Füße gebunden, woran ſih Haken von Knochen befinden, um nicht auf dem Eiſe zu glitſchen oder, wo es ſich türmt, herunterzufallen. Die Häute müſſen glei<h auf dem Eiſe abgenommen werden, und darin ſind die Kurilen und Kamtſchadalen ſo fertig, daß ſie in 2 Stunden oft 30—40 abziehen. Manchmal abex, wenn das Eis gänzlich vom Ufer getrieben wird, müſſen ſie alles verlaſſen und nurx ſi zu retten verſuchen. Dann helfen ſie ſi< mit Shwimmen und binden ſi mit Strilein an ihren Hund, der ſie getreu mit an das Ufer zieht. Bei günſtigem Wetter laufen ſie ſo weit auf das Eis hinaus, daß ſie das Land aus dem Geſichte verlieren; doh geben ſie bei ihrer Jagd immer auf Ebbe und Flut Obacht und ſehen auch zu, ob der Wind nah dem Lande geht oder niht.“
Gegenwärtig iſt das viel und allenthalben verfolgte koſtbare Pelztier niht nur ſehr ſelten, ſondern auh äußerſt ſcheu geworden, ſo daß ihm nux ſ{hwierig beizukommen iſt. Pechuel-Loeſche, der vor 25 Jahren den Seeotter bei den Aléuteninſeln Amukfta und Seguam beobachtete und gelegentlih jagte, erzählt, daß das wachſame Tier ſelbſt das ruhig ſegelnde Schiff oder Boot höchſt ſelten in Schußweite heranläßt. Nicht unter Feuer getötete Tiere gehen regelmäßig verloren, wenn man ſie niht hitzig verfolgen und die auftauchenden mit weiteren Kugeln begrüßen kann. Ein Boot allein hat wenig Ausſicht, bei einer jolchen Jagd erfolgreich zu ſein, denn das Tier vermag eine gute Viertelſtunde unter Waſſer zu bleiben und erſcheint oft an einer ganz anderen Stelle als der vermuteten wieder. Bei ruhigem Wetter treibt der Seeotter häufig ſtill an der Oberflähe des Waſſers, man<hmal wie ein unförmliher Klumpen, der durchaus niht an ein lebendes Weſen erinnert, manchmal auf dem Rücken liegend, mit gerade freier Naſe, aber die floſſenähnlihen Hinterfüße jo hoh und dazu geſpreizt haltend, als wolle er den Wind fangen und ſi von ihm fortbewegen laſſen. Der eine und andere thut wohl au< einmal einen hohen Luftſprung und ſcheint ein beſonderes Vergnügen daran zu haben, recht laut klatſchend in das Waſſer zurützufallen. Nicht ſelten, namentlih wenn er etwas eräugt hat, ſteht er gewiſſermaßen aufret im Waſſer, ſo daß der Kopf frei hervorragt, wie man es häufig beim Seehunde ſieht; gleich dieſem verſinkt er in ſolher Stellung auh ganz ſa<ht mit der Naſe zuleßzt. Sind ihrer, was ſelten vorzukommen ſcheint, einmal mehrere beiſammen und vielleiht auf der Wanderung, dann ſhwimmen ſie niht nur ſehr ſchnell, ſondern vollführen auch zeitweilig eine Reihe von übermütigen Sprüngen, ganz wie Delphine es zu thun pflegen.
H. Elliott, welcher die Wohngebiete unſeres Tieres im vorigen Jahrzehnt beſuchte, berihtet, daß fünf Sechſtel aller in den amerikaniſchen Gewäſſern erbeuteten Seeotter öſtlich von der erſten Aléuteninſel Unimak und ſüdlih von der Halbinſel Alaska auf einem verhältnismäßig leinen Raume erlegt werden. Das Jnſelchen Sanak mit einer Anzahl ſüdwärts vorgelagerter Felseilande und Klippen ſowie die ähnliche Tſchernabur-Gruppe, etwa 50 km in nordöſtlicher Richtung liegend, ſind die Hauptjagdpläße. Sanak iſt unbeſiedelt. Die Bewohner der Alêuten, welche allein der mühſeligen Jagd obliegen, werden von Pelzhändlern Anfang Juni nah Sanak übergeſeßt: etwa 50—60 Männer mit 20—30 Bidarkas, d. h. mit