Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Menſch und Affe. Leibesbau. Zwei- und Vierhänder. 37
anſprechend ſein, während die der na>ten Teile oft geradezu grell, für unſer Auge abſtoßend erſcheinen. Es kommen auh Weißlinge vor. Und in Siam, im Lande des „weißen Elefanten“, wo Albinos aus der Tierwelt Mode zu ſein ſcheinen, werden ſ{öne weiße Affen gern zahm gehalten.
Die Übereinſtimmung des inneren Leibesbaues der Affen iſt größer, als man, von ihrer äußeren Erſcheinung folgernd, vermuten möchte. Das Gerippe enthält 12—16 Bruſtwirbel, 1—9 Lendenwirbel, 2—5 Kreuzbein- und 3—33 S{hwanzwirbel, das Schlüſſelbein iſt ſtark; die Unterarmknochen ſind getrennt und ſehr beweglich, die Handwurzelknochen geſtre>t, die der Finger aber teilweiſe verkümmert, während an den Füßen gerade der entgegenſeßbare Daumen auffällt. Der Schädel iſt ſehr verſchieden geſtaltet, je nachdem der Schnauzenteil vor- oder zurüdtritt und der Hirnkaſten ſih erweitert; die Augen liegen vorn in ſtar? umrandeten Knochenhöhlen, und die Jochbogen ſtehen nicht bedeutend vom Schädel ab. Das Gebiß enthält alle Zahnarten: 2 Schneidezähne, 1 oft außerordentlich und 1wie bei Raubtieren entwickelter Etzahn, 2 oder 8 Lück- und 3 Mahlzähne in jeder Kieferhälſte pflegen es zu bilden. Unter den Muskeln verdienen die der Hände unſere Beachtung, weil ſie im Vergleiche zu denen der Menſchenhand viel einfacher erſcheinen. Der Kehlkopf befähigt niht zu einer Sprache im menſchlichen Sinne; die ſa>artigen Erweiterungen der Luftröhre dagegen begünſtigen gellende, heulende Laute. Beſonderer Erwähnung wert ſind die Baentaſchen, welche einige Affenſippen beſißen: Ausbuchtungen der Mundhöhlenwände, welche durch eine hinter dem Mundwinkel gelegene Öffnung mit der Mundhöhle in Verbindung ſtehen und zux zeitweiligen Aufſpeiherung der Nahrung dienen. Bei den Meerfaßen, Makaken und Pavianen erreichen ſie die höchſte Entwidkelung und ziehen ſich tiefer herab als der Unterkiefer; bei den Schlankaffen verringern ſie ſih bis auf ein ſehr kleines Sä>chen; den Menſchenaffen wie denen der Neuen Welt fehlen ſie gänzlich.
Man nennt die Affen oft au<h Vierhänder und ſtellt ihnen die Zweihänder oder Menſchen wegen des abweichenden Hand- und Fußbaues als grundverſchiedene Tiere gegenüber. Jndeſſen die Affen und Menſchen unterſcheiden ſich dur< ihren Hand- und Fußbau wohl merklich, aber niht grundſäßlih. Vergleicht man Menſchen- und Affenhand und Men\{en- und Afffenfuß, ſo ergibt ſich, daß die einen wie die anderen nah derſelben Urform gebaut ſind. Dex den übrigen Fingern oder Zehen entgegenſeßbare Daumen findet ſi< nun beim Menſchen nux an den Händen, bei den Krallenaffen nur an den Füßen, bei den übrigen Affen an Händen und Füßen. J<h bin weit entfernt, die Verſchiedenheit der Hände und Füße bei Menſch und Affe wegleugnen zu wollen, ſtelle aber in Abrede, daß dieſe Unterſchiede des Baues zu einer grundſäßlichen Trennung berechtigen könnten.
Um meiner Behauptung eine Grundlage zu geben, beſchreibe i< Hand und Fuß eines jungen lebenden Schimpanſen. Die mittelgroße Hand erſcheint ihrer Shhmalheit halber ſehr lang: ihre Breite, in der Mitte des Handtellers gemeſſen, beträgt nux 5 em, ihre Länge dagegen 13 cm. Der Daumen iſt auffallend klein, ſchwach und ſo kurz, daß er zuſammengelegt nur die Einlenkung des Zeigefingers erreicht. Die Finger, welche äußerlih wie beim Menſchen in der Hälfte der Handlänge gelenken und ſih ebenſo wie hier abſtufen, ſind bedeutend kräftiger, zumal di>er als der Daumen; namentlich gilt dies für Mittel: und Ringfinger, wogegen Zeige- und Kleinfinger zumal im Vergleiche zu den menſchlichen ſ<wächer erſheinen. Auffallend kurz iſt das Nagelglied der Finger, welche außerdem einen durchaus regelmäßigen Bau zeigen. Alle Nägel ſind im Verhältniſſe zu den menſchlichen flein. Dex Daumen fann den übrigen Fingern ebenſo weit entgegengeſeßt werden, wie dies an der menſ<hlihen Hand der Fall iſt; auh die Finger laſſen ſi faſt ebenſo weit wie die der menſhlihen Hand ſpreizen; doh ſcheint die willkürliche Beweglichkeit der geſamten Hand, obgleich ſie allen von mix angeſtellten Bewegungen im ganzen und einzelnen willig