Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2
18 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.
und au< vom Geſichte darf man behaupten, daß es beſſer als bei den Kagen iſt; denn die Nachthunde ſtehen den Katen gleich, und die Taghunde übertreffen ſie entſchieden.
Noch viel ausgezeihneter ſind die geiſtigen Fähigkeiten der Hunde. Die tiefſtehenden Arten bekunden eine bemerten8werte Liſt und Schlauheit, zum Teil ſogar auf Koſten des Mutes, welchen andere in hohem Grade beſißen; die höher ſtehenden Hunde aber und namentlich diejenigen, welhe mit dem Menſchen verkehren oder, beſſer geſagt, ſich ihm hingegeben haben mit Leib und Seele, beweiſen tagtäglich, daß ihre Geiſtesfähigkeiten eine Ausbildung erlangt haben wie die keines anderen Tieres. Der zahme Hund und der wilde Fuchs handeln mit vernünftiger Überlegung und führen ſorgfältig durchdachte Pläne aus, deren Ergebnis ſie mit großer Sicherheit im voraus abſchäßen. Dieſer Verſtand hat die Hunde auf das innigſte mit den Menſchen verbunden und ſtellt ſie über alle übrigen Tiere; denn man muß dabei immer bedenken, daß der Hund ein Raubtier iſt, gewöhnt, über andere Geſchöpfe zu herrſchen, und troßdem ſeinen Verſtand bereitwillig und aus wirklich vernünftigen Gründen dem höheren Menſchengeiſte unterordnet. Auch bei den ganz wild lebenden Arten zeigt ſi dieſer hohe Verſtand in der großen Vorſicht Behutſamkeit und dem Argwohne, mit welchem ſie alle Handlungen verrichten. Nur der wütendſte Hunger vermag ſol<hes Betragen zuweilen in das entgegengeſeßte zu verwandeln. Dabei ſind die Hunde gemütliche Burſchen, auſgelegt zu Spiel und Scherz, heiter und luſtig, gutmütig und verhältnismäßig ſanft, wenngleich ſih nicht leugnen läßt, daß es, wie überall, ſo auch bei ihnen Ausnahmen gibt.
Die Nahrung beſteht hauptſählih aus tieriſchen Stoffen, zumal aus Säugetieren und Vögeln. Sie freſſen friſh erlegte Beute nicht lieber als Aas, für welches alle Arten ſogar eine gewiſſe Vorliebe zu haben ſcheinen. Einzelne verzehren auch ſehr gern Knochen, und andere finden ſelbſt in den {<hmußtigſten Auswurfsſtoffen des menſchlichen Leibes noh eine erwünſchte Speiſe. Außerdem genießen ſie Kriechtiere, Lurche, Fiſche, Shaltiere, Krebſe, Kerbtiere oder Honig, Obſt, Feld- und Gartenfrüchte, ja ſogar Baumknoſpen, Pflanzenſproſſe, Wurzeln, Gras und Moos. Manche ſind ſehr gefräßig und töten mehr, als ſie verzehren können; doch zeigt ſih der Blutdurſt niemals in der abſhre>enden Geſtalt wie bei einzelnen Kaßen oder Mardern, und keinen einzigen Hund gibt es, welcher ſih im Blute der von ihm getöteten Schlachtopfer mit Luſt berauſcht.
Die Fruchtbarkeit der Hunde iſt größer als die der Kazßen; ja die Zahl ihrer Fungen erreicht zuweilen die äußerſten Grenzen der Erzeugungsfähigkeit der Säugetiere überhaupt. Im Mittel darf man annehmen, daß die Hunde zwiſchen 4—9 Zunge werfen; doch ſind Ausnahmefälle bekannt, in denen eine Mutter auf einen Wurf ihrer 18 und ſelbſt 23 zur Welt brachte. Es kommt vor, daß der Vater ſeine Sprößlinge oder daß ein anderer männlicher Hund die junge Nahkommenſchaft einer Hündin mit Mordgedanken verfolgt und auf{rißt, wenn er kann: zumal geſchieht dies bei den Wölfen und Füchſen, welche unter Umſtänden auch ihresgleihen niht verſhonen. Bei den meiſten Arten maht ſih aber die Geſelligkeit auh dem jungen Gewölfe gegenüber geltend. Die Mütter ſorgen ſtets in wahrhaft aufopfernder Weiſe für dieſes.
Wegen der großen Anzahl, in welcher manche Hundearten auftreten, iſt der Schade, den die ganze Familie dur<hſchnittlih anrichtet, ein ziemlih bedeutender, und die den Menſchen beeinträchtigenden Arten werden deshalb überall unbarmherzig verfolgt. Dagegen leiſten die kleineren Arten dur< Wegfangen ſchädlicher Nage- und Kerbtiere oder dur das Aufzehren von Aas und anderem Unrate gute Dienſte und liefern zudem noch ihren Balg, ihre Haut und ihre Zähne zur Benußzung. Und wenn man Schaden und Nuten, den die ganze Familie bringt, gegeneinander abwägen will, kann man gar niht in Zweifel bleiben, welcher von beiden der überwiegende iſt; denn die zu Haustieren gewordenen Hunde,