Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 254
220 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.
Man hat au< auf das Mähnenſchaf ſein Augenmerk geworfen und die Abſicht ausgeſprochen, es in den Hausſtand überzuſühren oder doch in unſerem Hochlande einzubürgern. Die Möglichkeit des Gelingens nach einer oder der anderen Richtung hin kann nicht in Abrede geſtellt werden. Unſer Klima legt keine Hinderniſſe in den Weg, und auch die Züchtung verurſacht kaum nennenswerte SŸwierigkeiten; es fragt ſih jedo<, ob ſi<h das Mähnenſchaf als Haustier oder Wild wirklih nußbbringend erweiſen dürfte. Wie unſer Haus[c<af iſt es wähleriſ<, beanſprucht die beſte Nahrung und eine ſorgfältige Pflege, weil es ungeachtet ſeiner kraftvollen Erſcheinung leiht und oft ohne erklärliche Urſache zu Grunde geht. Wie die Jagdzeitung „Der Weidmann“ 1888 berichtet, hat Fürſt Woldemar zur Lippe Mähnenſchafe im Teutoburger Walde und zwar in zwei mit Drahtzäunen umſriedigten alten Steinbruchsflächen ausfeßen laſſen, wo für ihr Wohlſein gut geſorgt worden iſt. Jn dem angeführten Jahre zählte der Stand 9 Stü, deren Vermehrung teils ſhon ſtattgefunden hatte, teils zu erwarten ſtand. Ein voni Fürſten erlegter Widder wog Unaufgebrochen 114 kg. Wie H. Burchardt mitteilt, war von einem Pärchen, welches Kaiſer Napoleon ITT. im Walde von Marly hatte ausſeßen laſſen, das Schaf ſehr bald einen: Wilderer zum Opfer gefallen; den Widder erlegte General von Bredow-Brieſen bei einer während der Belagerung von Paris abgehaltenen Treibjagd.
Nux zwei Breitengrade trennen das Mähnenſchaf von dem Mufflon (Ovyis musimon, Capra, Aegoceros und Caprovis musimon, Capra und A egoceros ammon), dent einzigen Wildſchafe, welches Europa und zwar die Gebirge der Fnſeln Sardinien und Corſica bewohnt. Ziemlich allgemein nimmt man an, daß der Mufflon in früheren Zeiten no< in anderen Teilen Südeuropas vorgekommen ſei, ſich beiſpielsweiſe auh auf den Baleariſchen Jnſeln und in Griechenland geſunden habe, vermag dieſe Meinung jedo< nicht zu begründen. Jn Spanien, deſſen ſüdöſtlicher Teil als Heimat des Mufflon angegeben wird, iſt ex niht mehr zu finden und wahrſcheinlih auch niemals zu finden geweſen. Man hat einfah den Bergſteinbo> mit ihm verwechſelt. Jh habe mih mit beſonderer Sorgfalt nah dem Muſfflon erkundigt und alle Sammlungen genau geprüft, aber ſtets erfahren, daß außer dem Bergſteinwilde keine andere Wildziegen- oder Wildſchafart auf der Fberiſchen Halbinſel lebt. Zur Zeit findet ſich der Mufflon, den Gebirgsbewohnern auch unter dem Namen Muſffrone für den Bok und Muffra für das Schaf wohl bekannt, noh immer in Rudeln, die wohl man<hmal noh ein halbes Hundert Stück zählen mögen, gewöhnlih aber viel ſchwächer ſind. Graf A. Shmiſing-Kerſſenbrook, der im lebten Fahrzehnte in Corſica jagte, ſagt zwar, daß es noh ret viele Mufflons gebe, hat aber von großen Herden oder Rudeln nichts mehr geſehen oder gehört, und bei Treibjagden ſie einzeln, oder zu 4 und 5, und nur einmal zu 7 beobahtet. Die alten Römer unterſchieden den corſiſhen Mufflon von dem ſardiniſhen; Plinius nennt den einen Musmon, den anderen, wie die Griechen, Ophion, die mit dem Schafe erzeugten Blendlinge aber Umbri.
Aus alten Berichten erfahren wir, daß dieſe Wildſchafe außerordentlich häufig waren. Bisweilen wurden auf einer einzigen großen Jagd 400—500 Stü erlegt; gegenwärtig iſt man froh, wenn man einige Stücke bekommt; auf Jagden, welche mit großen Mitteln ins Werk geſetzt werden, erbeutet man nux in höchſt ſeltenen Fällen 30—40 Stück. Schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts, zu Zeiten des Abtes Cetti, welchem wir die erſte ausführlichere Lebensſchilderung des Mufflons verdanken, gehörte es zu den glü>lihſten Jagdereigniſſen, wenn man einmal 100 dieſer Wildſchafe erlegte. Wie der eben genannte, ret tüchtige Forſher ausführt, bewohnen dieſelben nämlih keine8wegs alle Gebirge Sardiniens, ſondern bloß einzelne Bergzüge und hier auch nur die höchſten Spiven, zuweilen ſolche Gipfel erſteigend, von denen man das ganze die Jnſel einfaſſende Meer erbli>ken kann. Spätere von