Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 267
Di>khornſchaf: Allgemeines. Vorkommen. Lebensweiſe. 233
der Bauch, die innere und hintere Seite der Beine, die Hintexſchenkel und ein Streifen über dem Schwanze nah dem Rücken zu, welcher mit dem Spiegel mancher Hirſcharten verglichen werden kann, das Kinn und ein Fle>en auf graubraunem Grunde in der Gegend des Kehltopfes ſind weiß; der Kopf iſt hellaſhgrau, das Ohr außen dem Kopfe gleich, innen dagegen weißlich, die Vorderſeite der Läufe dunkler als der Rücken, ſ{<wärzli<h graubraun nämlich, der Shwanzrü>en lichter als der Rüenſtreifen. Alte Böcke ſehen oft ſehr hellgrau, man<hmal faſt weißli<h aus. Jm Herbſte und Winter miſcht ſi< viel Braun in das Grau ein; der Hinterrü>en und die Einfaſſung der Schenkel aber bleiben immer rein weiß.
Die erſte Nachricht über das Dikhornſchaf gaben zwei Miſſionäre aus Kalifornien um das Fahr 1697. „Wir fanden“, ſagt Pater Picollo/, „in dieſem Lande zwei Arten von Tieren, welche wir noh niht kannten, und haben ſie Schafe genannt, weil ſie einigermaßen dieſen ähneln. Die eine Art iſt ſo groß wie ein ein- oder zweijähriges Kalb, ſein Haupt aber dem eines Hirſches ähnlich und ſein ſehr langes Gehörn wiederum dem eines Widders. Der Schwanz iſt wie das Haar geſprenkelt, aber kürzer als beim Hirſche, die Hufe dagegen ſind groß, rund und geſpalten wie beim Ochſen. Jh habe von dieſem Tiere gegeſſen; ſein Fleiſch iſt ſehr zart und ſhmachaft. Die zweite Art von Schafen, von denen einige weiß und andere ſ<hwarz ſind, unterſcheiden ſih wenig von den unſerigen; ſie ſind etwas größer, haben auh eine gute Menge Wolle mehr, und dieſe iſt ſehr gut, läßt ſih leiht ſpinnen und weben.“
Das Dickhornſchaf mag an geeigneten Stellen noh ziemli< häufig vorkommen. Der Prinz von Wied ſah am Yellowſtonefluſſe no< Rudel von 50, 80 und mehr Stü> Audubon in derſelben Gegend eine Herde von 22; Sir John Nichardſon gibt an, daß die Tiere gewöhnlih in Trupps von 8—80 auftreten. Dieſe Befunde beziehen ſi< aber auf Zeiten, die 5—7 Jahrzehnte zurü>liegen; ſhon Mitte der ſiebziger Jahre klagt Freiherr Max von Thielmann, daß er bei ſeinen Jagdzügen ſelbſt in den Bergen kein Di>khornſchaf geſehen und nicht einmal eine Fährte gefunden habe. Schafe und Lämmer pflegen beſondere Herden zu bilden, wogegen die alten Widder ſih, mit Ausnahme der Paarungszeit, in beſonderen Geſellſchaften zuſammenhalten oder auh wohl allein leben. Fm Dezember finden ſie ſich bei den Schafen ein, und dann kommt es, wie bei anderen gleihſtrebenden Böen, auch zu ernſtlichen Kämpfen zwiſchen ihnen. Sonſt aber leben die Tiere ſriedlih untereinander nah Art unſerer Hausſchafe, denen ſie überhaupt in ihrem Weſen ſehr ähneln. Die Schafe lammen im Juni oder Juli, zuerſt ein einziges, ſpäter regelmäßig zwei Funge, welche von ihren Müttern ſehr bald in die unzugänglihſten Höhen geführt werden.
Jn ihrer Lebensweiſe unterſcheiden ſih die Di>khornſchafe niht von ihren Verwandten, nicht einmal weſentli< von den Steinbö>en. Wie dieſe ſind ſie unübertreffliche Meiſter im Bergſteigen. Sobald ſie etwas Fremdartiges gewahren, flüchten ſie zu ſteilen Höhen empor und ſtellen ſih hier an den vorſpringenden Kanten auf, um ihr Gebiet zu überſchauen. Ein ſhnaufender Naſenton gibt bei Gefahr das Zeichen zur Flucht, und auf dieſes hin ſtürmt die Herde in raſender Eile davon. Wenn die Gegend ruhig iſt, ſteigen ſie auch gern in die Tiefe herab und kommen dann oft auf die Wieſenſtellen und Graspläte in den Schluchten oder an die Ufer der Flüſſe, um zu äſen. Den Höhlungen des Gebirges, an deren Wänden Salpeter und andere Salze ausblühen, ſtatten ſie täglih Beſuche ab, und ſolche Pläße ſind es denn auch, wo ſie dem Menſchen noh am leichteſten zur Beute werden. Drummont, ein erfahrener Jäger, berichtete Nichardſon, daß die Dickhornſchafe in allen Gegenden, welche von dem Jäger ſelten beunruhigt werden, wenig ſcheu ſind und dem Weidmanne ohne Schwierigfeit die erwünſchte Annäherung geſtatten, böſe Erfahrungen aber auch ſie bald und dann überaus ſcheu machen. Wo ſie den Menſchen kennen gelernt haben, fürchten ſie ihn ebenſo¡ehr wie ihren zweitſhlimmſten Feind, den Wolf. Das Wildbret wird von den Weißen wie