Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 283
Schafochſe: Leben8weiſe, Fortpflanzung. Begabung, Weſen. 249
bede>ten Abhange mit wahrhaft überraſchender Behendigkeit da hinaufſpringen zu ſehen, wo ein Menſch die größte Mühe gehabt haben würde, überhaupt nur feſten Fuß zu faſſen. Wie Tiere, welche in Herden leben, zu chun pflegen, blieben ſie beim Steigen immer dicht bei einander; denn wenn ſie anders gehandelt, ſo würde der, welcher am weiteſten unten wax, einem regelre<ten Steinhagel ausgeſeßt geweſen ſein, welcher durch die vorderſten in ihrem Eifer, uns zu entkommen, herabgeſchleudert werden mußte.“ Wurde Copeland beim erſten Zuſammentreffen mit Schafohſen dur ihre große Behendigkeit und Schnelligkeit in Erſtaunen geſeßt, ſo wu<s ſeine Verwunderung, als er ſpäter erfuhr, wie ſie an dem Abhange eines Baſaltkegels hinaufjagten, welcher ſo ſteil war, wie Baſalttrümmer nur irgend ſein können. Fn höchſtens 3 oder 4 Minuten hatten ſie eine Höhe von 150 m erſtiegen, welche ihre Verfolger derartig anſtrengte, daß dieſe eine volle halbe Stunde brauchten, um dasfelbe zu erreichen. Auch hierin alſo beweiſen ſie ihre Verwandtſchaft mit den Schafen, haben wenigſtens unter den Rindern nur einen einzigen Genoſſen, den Jak, welcher einigermaßen mit ihnen wetteifern könnte.
Über die höheren Fähigkeiten der Tiere lauten die Urteile verſchieden, was ſih wohl am beſten daraus erklärt, daß wirklih beobahtungsfähige Europäer nux ſelten mit ihnen zuſammentommen. Das kleine blöde Auge ſpricht niht für eine beſondere Entwi>kelung des Geſichtsſinnes, das im Pelze faſt verſte>te Dhr ebenſowenig für eine bemerken8werte Schärfe des Gehöres; der Geruch dagegen ſcheint ungeachtet der verkümmerten Muffel fein, mindeſtens ebenſo ausgebildet zu ſein wie bei den Schafen; über Geſhma> und Gefühl läßt ſich na< den bis jegt vorliegenden Berichten kaum ein Urteil fällen, doh liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß dieſe beiden Sinne niht ebenſogut ſein ſollten wie bei den Rindern. Dasſelbe dürfte auh wohl für ihren Verſtand Gültigkeit haben. Angeſichts des Menſchen benehmen ſi<h wenigſtens diejenigen Schafochſen, welche bis dahin kaum, vielleicht niemals mit dem Erzfeinde der Tiere zuſammengekommen, oft ungeſchi>t und ratlos, bekunden aber bald, daß ſie von der Furchtbarkeit des plößlich in ihren höchſtens vom Wolfe oder Eisbären heimgeſuchten Gefilden auftretenden Gegners binnen kurzem eine rihtige Vorſtellung gewinnen, demgemäß ihre frühere Zutraulichkeit aufgeben und in Erkenntnis der ſie bedrohenden Gefahr rechtzeitig flühten. Anfänglich bleiben ſie wehl „wie feſtgebannt ſtehen, ſtarren den gänzlih unbekannten Feind an und kommen erſt langſam und bedächtig zu einem Entſchluſſe“. Arglos wie ſie ſind, nähern ſie ſi< au< wohl dem ihnen noh fremden Weſen und geben dur< mancherlei Bewegungen und plumpe Späße ihre Verwunderung zu erkennen: ſo beliebten vier Moſchuso<ſen mit Payer zu ſcherzen, indem ſie einen Angriff auf deſſen Meßtiſch ausführten.
Schleichen ſi<h mehrere Jäger gleichzeitig- von verſchiedenen Seiten her auf eine ruhig weidende Herde von Schafochſen an, ſo drängen ſich dieſe zuweilen, anſtatt flüchtig zu werden und ſih zu zerſtreuen, dichter zuſammen und geſtatten den Jägern, mehrere Schüſſe auf ſie abzugeben. Dann entſpricht die Jagd allerdings den Auffaſſungen von Payer und Copeland, welche ſie als eine dur<haus harmloſe bezeihnen, indem ſie ſagen, daß eine ſolche Jagd niht ſhwieriger ſei als das Abſchießen einer rings um eine Sennhütte gelagerten Ziegenoder Kuhherde von dieſer aus. „Sobald der Jäger die Tiere erbli>t““, heißt es weiter, „hat er ſi platt auf den Bauch und eine Patrone neben ſi zu legen, das Gewehr in Anſchlag zu bringen, ſi< völlig ruhig zu verhalten und erſt dann zu ſchießen, wenn jene neugierig herbeieilend in nächſter Nähe ſind. Sollte er demungeachtet nichts treffen, ſo möge er mit Feuern immer fortfahren; endli<h wird doch eines der Tiere fallen.“ Jh halte es aber für unrichtig, derartige Beobachtungen zu verallgemeinern, um ſo mehr, als Wahrnehmungen früherer Beobachter entſchieden dagegen ſpre<hen. Verwundete Tiere geraten in Wut und ſtürzen grimmig auf den Jäger zu, welcher von Glü zu ſagen hat, wenn er nicht überrannt oder von