Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Stacheligel: Frei- und Gefangenleben. IE
3 Tage vor der Abreiſe fand man es tot. Dieſes Tier brachte gewöhnlih 20 Stunden des Tages ſchlafend zu und ſhwärmte die übrige Zeit umher. Begegnete es einem Hinderniſſe in feinem Wege, ſo ſuchte es dieſes wegzuſchaffen und nahm niht eher eine andere Nichtung, als bis es die Erfolgloſigkeit ſeiner Beſtrebungen bemerkte, wahrſcheinlih weil es ſi an ſein Graben in der Freiheit erinnern mohte. Jm Zimmer wählte es eine E>e um ſeinen Unrat dort zu laſſen; einen anderen dunkeln Winkel, welcher von einer Kiſte verſtellt war, ſuchte es zum Schlafen auf. Oft ſchien es ſih gewiſſe Grenzen zu wählen und lief lange Zeit hin und her, ohne ſie zu überſchreiten. Es ging mit hängendem Kopfe, als wenn es in Betrachtungen vertieft wäre, und legte in einer Minute, obgleich ſein Gang ſehr ſhwerfällig und ſ<leppend war, doch über 10 m zurü>. Seine lange Naſe diente ihm als Fühler. Wenn es lauſchen wollte, öffnete es die Ohren, wie es Eulen zu thun pflegen, und dann ſchien ſein Gehör ret fein zu ſein. Sein Weſen war mild und zärtlich. Es ließ ſi gern \reiheln, war aber doh ſehr furhtſam und kugelte ſi, wie der Jgel, bei dem geringſten Geräuſche zuſammen, ſo daß die Naſe nicht ſichtbar war. Dies that es, ſo oft man neben ihm mit dem Fuße ſtampfte, und erſt nah längerer Zeit, wenn dies Geräuſch vollſtändig aufgehört hatte, ſtre>te es ſi langſam wieder aus. Eines Tages unterließ es ſeine ge: wöhnliche Luſtwandelung; Garnot zog es deshalb aus ſeinem Winkel hervor und rüttelte es derb. Es zeigte ſo ſchwache Bewegungen, daß er glaubte, es würde ſterben; daher trug er es in die Sonne, rieb ihm den Bauch mit einem warmen Tuche, und ſiehe da, es erholte ſih und bekam na< und nach ſeine frühere Munterkeit wieder. Bald darauf blieb es 48, ſpäter 72 und zuleßt ſogar 80 Stunden hintereinander liegen, allein man fannte es nun und ſtörte es niht mehr in ſeinem Schlafe. Wecktte man es auf, ſo wiederholte ſich derſelbe Vorgang wie das erſte Mal, während es ſi, wenn es ſelbſt aufwachte, ſofort munter zeigte. Manchmal lief es auh des Nachts umher, aber ſo ſtill, daß man es nicht bemerkt haben würde, wenn es niht ab und zu an den Füßen geſchnüffelt hätte.
Haa>e hat in Auſtralien wiederholt Stacheligel gehalten und namentli<h über ihre Klettertunſt, Hungerfeſtigkeit und Fortpflanzung Beobachtungen angeſtellt. „Den exſten Stacheligel, welchen ih erhielt“, ſchreibt er, „hatte ih in meinem Arbeitszimmer unter eine umgeſtülpte Kiſte geſeßt, in welcher es ihm wenig zu gefallen ſchien. Er trachtete unabläſſig danach, aus dem Gefängniſſe zu entweichen, und ſtre>te, wo zwiſ chen Fußboden und Kiſtenrand genügender Naum war, fortwährend ſeine lange Zunge taſtend heraus. Endlich war es ihm während der Naht gelungen, die ſchwere Kiſte zu heben und ſich zu befreien. Lange Zeit ſuchte ih ihn vergeblich. Schließlich fand ih ihn zu meinem größten Erſtaunen in einer anderen, etwa 40 cm hohen Kiſte, welche oben ofen und zur Hälfte mit etwa fauſtgroßen in Papier gewi>elten Goldquarzſtücen gefüllt war. Beinahe verde>t, {lief er behaglich zwiſchen den eingewi>elten Quarzſtücken, die ihm gegenüber dem ebenen Fußboden als die geeignetſte Lagerſtätte erſchienen ſein mochten. Zwei andere Staheligel ſebte ih, eingedent der wahrgenommenen Kletterfertigkeit der Tiere, in dem ausgedehnten Erdgeſchoſſe des Muſeumgebäudes in Adelaide in eine gegen 1 m hohe und 50 cm weite Tonne. Ein Entweichen aus dieſem Gefängniſſe, das die übliche Tonnenform beſaß, ſchien unmöglich. Trobdem gelang es einem der Tiere, zu entkommen. Nach tagelangem Suchen fand ih es eines Morgens wieder bei ſeinem Gefährten in der Tonne; es mochte dieſen gehört haben und hatte ſi zwiſchen Wand und Tonne wieder zu dem Nande dex letzteren heraufgearbeitet um ſi von hier aus in die Tonne fallen zu laſſen. Da ih die Tiere zergliedern und zu dieſem Ende von hinderlihem Fette befreien wollte, ließ ih ſie hungern und fand dabei, daß ſie ohne ſichtbare Störung ihres Wohlbefindens mindeſtens einen Monat lang faſten tfönnen. Den Darm eines Stacheligels fand ih nah etwa ſehswöchigem Faſten aus[hließli<h mit Sand, der dem Tiere zur Verfügung geſtanden hatte, gefüllt. Das iſt ein