Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Kulan oder Dſchiggetai. 59

und ſanft das andere. Entweder hat die Natur oder die Erziehung oder beides ſie jo verſchieden gemacht.

„Vie verſchieden iſt das Schi>ſal der Pferde! Das Los der meiſten iſt, jung geliebt und mit Hafer genährt, alt ein Karrengaul und mit Riedgras und mit Prügeln gefüttert und verachtet zu werden. Vielen Roſſen iſt {hon eine Thräne nachgeweint und mit Recht ein marmornes Denkmal gebaut worden. Sie haben ihre Jugendzeit zum Mutwillen, ihre Fünglingszeit zum Stolzieren, ihre Manneszeit zum Arbeiten, ihr Alter, in welchem ſie iräger, matter werden; ſie blühen, reifen und verwelken!“

Die zweite Untergattung der Pferde (Asinus) bilden die Eſel und Tigerpferde; ſie unterſcheiden ſich von den echten Pferden durch den nux an der Spige langbehaarten Schwanz und dur das Fehlen der Kaſtanien an den Vorderfüßen.

Der Kulan der Kirgiſen, Dſchiggetai, zu Deutſch „Langohr“, der Mongolen insgemein, Dſ<han der Tunguſen, Kiang der Tibetaner (Pquus [Asinus] hemionus, polyodon und Kkiang, Asinus kiang und polyodon), wird von Pallas, ſeinem wiſſenſchaftlichen Entde>er, beſchrieben wie folgt: „Man kann dieſe Dſchiggetai eigentlich weder Pferde noh Eſel nennen. Sie ſind in der ganzen Geſtalt faſt ſo ein Mittelding zwiſchen beiden wie die Maultiere, daher ſie Meſſerſ<hmied, welcher ſie zuerſt bemerkt hat, uchtbare Maultiere nannte. Sie ſind aber nichts weniger als Blendlinge, ſondern eine eigene Art, welche viel eigenes und eine weit ſhönere Geſtalt als die gemeinen Maultiere haben. Dev Dſchiggetai hat gewiſſe Schönheiten, welche ihn weit über den Eſel ſtellen. Ein überaus leichter Körper, ſchlanke Glieder, wildes und flüchtiges Anfehen und ſhöne Farbe des Haares ſind ſeine vorteilhaften Seiten. Auch die Ohren, welche noh beſſer als beim Maultiere geſtaltet und munter aufgerichtet ſind, ſtehen ihm nicht übel, und man würde es noh überſehen können, daß der Kopf etwas ſchwer und die kleinen Hufe wie beim Eſel geſtaltet ſind. Nur der gerade, e>ige Rücken und der unanſehnliche Kuhſhhweif, welchen er mit dem Eſel gemein hat, verunſtalten ihn. Er iſt etwas größer als die kleine Art von Maultieren, faſt einem Klepper gleih. Der Kopf iſt etwas ſhwer gebildet, die Bruſt groß, unten e>ig und etwas zuſammengedrückt. Das Nückgrat iſt niht wie beim Pferde hohl ausgeſhweift und rund, auh niht ſo gerade und e>ig wie beim Eſel, ſondern flah auswärts gebogen und ſtumpfe>ig. Die Ohren ſind länger als beim Pferde, aber kürzer als bei gemeinen Maultieren. Die Mähne iſ furz und ſtraubig, vollkommen wie ſie ein Eſel hat, und ſo ſind au< der Schweif und die Hufe. Die Bruſt und die Vorderſchenkel ſind ſchmal und bei weitem nicht ſo fleiſchig wie bei Pferden; auh das Hinterteil iſt hager und die Gliederung überaus leicht und fein, dabei ziemlih hoh. Die Farbe des Dſchiggetai iſt licht gelbbraun; die Naſe und Fnnenſeite der Glieder ſieht fahlgelblih aus; die Mähne und der Schweif ſind {<wärzli<, und längs des Nückgrates läuft ein zierliher, aus dem braunſchwarzen Riemen gebildeter Streifen, der im Kreuze etwas breiter, gegen den Schweif aber wieder ganz {mal wird.“

Mit dieſen Angaben ſtimmt Naddes Beſchreibung überein, erweitert jene aber in mehrfacher Beziehung. Jm Wintex erreicht das Haar bis 2,5 cm Länge, erſcheint dann zottig und iſt weih wie Kamelwolle, außen ſilbergrau, an der Wurzel blaß eiſengrau gefärbt; im Sommer hat es wenig über 1 em Länge und etwas lichtere, gelblichrötliche, grau überflogene Färbung; das Maul bis über ein Drittel von ſeiner Spiße bis zu dem inneren Augenwinkel und eine Rinne zwiſchen den Unterkieferäſten werden allmählich na< ihrer Spitze zu heller und faſt rein weiß, während die Unterſeite erſt zwiſchen den Vorderfüßen in ein niht ganz reines Weiß übergeht. Die Mittellinie des Rückens, welche eine bräunliche,