Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1, str. 382

346 | Erſte Ordnung: Baumvögel; elfte Familie: Frnken.,

verrotteten Pflanzenſtengeln, Grashalmen und dürrem Laube erbaut, innen aber mit Grashalmen und Pſferdehaaren ausgelegt iſt, in niederem Geſträuche, meiſt nahe auf dem Boden, zwiſchen Stämmen oder im dichten Gezweige ſteht und ſpäteſtens Anfang April das erſte Gelege enthält. Dieſes beſteht aus 4—5 Eiern, die 21 mm lang, 15 mm di> feinſchalig, auf trübweißem oder rötlihem Grunde mit dunkleren bunten Fle>en und Äderchen gezeihnet und befrigelt ſind und von beiden Eltern es bebrütet werden, wie beide ſich au< der Sorge um die Brut gemeinſchaftlih widmen. Fn günſtigen Jahren brütet ſie zwei-, nicht ſelten dreimal. Solange die Brutzeit währt, iſt das Männchen ſehr munter, ſingt vom früheſten Morgen bis zum ſpäten Abend ſein einfaches, aus 5—6 faſt gleichen Tönen und dem um eine Oftave höheren, etwas EE S@hlußlaute beſtehendes Liedchen, LE das Volk ſich in die Worte überſeßt hat: „Sis, ſis noch viel zu früh“ oder „Wenn ih ’ne Sichel hätt, wollt? ih mit ſ{<nitt““/ oder endlich, E mit Moſen zu ſprehen, „Wie, wie hab? ih di lieb“, Der Sänger ſißt beim Singen auf einer freien Aſtſpiße und läßt den Menſchen ſehr nahe an ſih herankommen, ſi und ſein Treiben daher leiht beobachten.

Nach der Brutzeit ſammelt ſi< alt und jung zu Scharen, die bald ſehr zahlrei werden, und ſchweift nun zunächſt in einem ziemlih kleinen Gebiete umher, vereinigt ſih wohl auth mit Lerchen und Finken, jelbſſtt mit Wacholderdroſſeln. Fn ſtrengen Wintern wird unſer Vogel gezwungen, ſih ſeine Nahrung von den Menſchen zu erbetteln, und kommt maſſenhaft, oft als gern céſchenez oder wenigſtens geduldeter Gaſt in das Gehöft des Landmannes herein, fehrt aber im nächſten Frühjahre auf ſeinen Standort zurü>. Hier und da wird er auf beſonderen Herden gefangen; doch hat er in dem Raubzeuge ungleich gefährlichere Feinde als in dem Menſchen.

Berühmter als die Goldammer iſt die Gartenammer oder der Drtolan, Urtlan, Utlan, Fett-, Feld- und Sommerammer, Gärtner, Jutvogel, Windf e, Grünzling, He>engrünling (Emberiza hortulana, chlorocephala, badensis, antiquorum, pinguescens, delicata, malbeyensis, buchanani und tunstalli, Euspiza und GIycispina hortulana). SJhre Länge beträgt 16, die Breite 26, die Fittihlänge 8, die Shwanzlänge 7 cm. Kopf, Hals und Kropf ſind matt araugtnlig! ein Yinaler Augenkreis, Kinn und Kehle ſowie ein Streifen vom Unterſchnabel herab, der unterſeits dur< einen ſchmalen dunkeln Bartſtreifen begrenzt wird, gelblich, die übrigen Unterteile zimtroſtrot, auf den Unterſchwanzde>en lichter, die Oberteile matt roſtbraun, Mantel und Schultern dur breite dunkle Schaftſtriche gezeichnet, die Schwingen dunkelbraun und, die erſte weiß geſäumte ausgenommen, mit ſ{<malen fahlbraunen, die hinterſten Armſchwingen und deren Detfedern mit breiten roſtbraunen Außenſäumen, die oberen Flügelde>en auc mit roſtbraunen, eine Querbinde bildenden Endſäumen geziert, die Schwanzfedern dunkelbraun, außen fahl geſäumt, die äußerſten beiden Federn innen in der Endhälſte, die äußerſten auch in der Mitte der Augenfahne weiß. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel wie der Fuß rötlich hornfarben. Beim Weibchen ſind Kopf und Hinterhals bräunlihgrau, Kehle und Kropf roſtrötlih, alle dieſe Teile mit feinen ſhwarzen Schaftſtrihen gezeichnet, Kinn, Kehle und ein Streifen unter den braunen Baen, dex unterſeits durch einen ſhmalen Bartſtreifen begrenzt wird, voſtrötlichgelb.

Auch die Gartenammer verbreitet ſih über einen großen Teil Europas, kommt aber immer nur hier und da, in vielen Gegenden niht oder äußerſt ſelten vor. Fn Deutſchland bewohnt ſie ſtändig die unteren Elbgegenden, die Mark und Lauſißb, Schleſien, Weſtfalen und die Rheinlande. Häufig iſt ſie in Südnorwegen und Schweden und gemein in Südeuropa, außerdem Brutvogel in Holland, England, Frankreich, Rußland, im mittleren Aſien bis zum Alatau, in den Gebirgen Kleinaſiens und Paläſtinas. Fm Winter wandert