Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Grünſpecht. Grauſpecht. 585

Winterszeit verendete, aus Mangel umgekommene Grün- und Grauſpechte im Walde gefunden, und au< von anderen ſind mir einigemal derlei Leichen ins Haus gebracht worden. Wenn ſi< im Nachwinter die Ameiſen tief in ihre Bauten zurückgezogen haben und Schnee die Wieſen und Graspläße bede>t, dann ſind die Grünſpehte auf Holzmaden und dergleihen angewieſen. Unſere Forſtwirtſchaft läßt aber in ihren den Gartenbeeten gleichenden Schöpfungen gewiß niht ſo leiht einen Baum am Leben, der für jene Vögel Nahrung in ſih bergen fönnte. Die Grün- und Grauſpechte, die kleineren Bunt- und die Shhwarzſpechte werden bei uns ausſterben wie die Fndianer infolge der Kultur.“

Der deutſche Verwandte des Grünſpechtes iſt der Grauſpecht, graugrüne, grüngraue, grauktöpfige Specht, grauköpfige, norwegiſche und Berggrünſpecht, Graufopf 2c. (Picus yiridicanus, canus, norvegicus, chloris und caniceps, Gecinus und Clloropicus canus). Ex ſteht an Größe wenig hinter dem Grünſpechte zurü>: ſeine Länge beträgt 30, ſeine Breite höchſtens 50, die Fittichlänge 15, die Shwanzlänge 11 em. Vorderktopf und Scheitelmitte ſind ſharlachrot, Stirnrand und ein ſ{hmaler Strich über dem ſ<warzen Zügelſtreifen dunkelgrau, die Kopfſeiten etwas heller, Hinterkopf und Na>ken grünlih verwaſchen, die übrigen Dberteile olivengras8grün, Bürzel und obere Shwanzde>en glänzend olivengelb, Kinn und Kehle ſhmußig gräulih, durch einen ſhmalen ſhwarzen, an der Wurzel des Unterſchnabels“ beginnenden und bis zum Ohre reichenden Streifen von dem Grau der Baen getrennt, die übrigen Unterteile <hmugzig graugrünlih, die Handſ<hwingen außen mit 6—7 weißlichen ſ{malen, alle Shwingen innen mit großen, weiten Querfle>en, die Schwanzfedern ſ{hwarzbraun, die beiden mittelſten längs der Schaftmitte bräunlih grau verwaſchen. Die Jris iſt rötlihbraun oder bei alten Vögeln roſenrot, der Schnabel gräulih hornſhwarz, der Fuß ſchieferſhwarz. Das Weibchen gleicht dem Männhen, beſißt aber niht die rote Scheitelplatte.

Das Verbreitungsgebiet des Grauſpechtes iſt erhebli<h ausgedehnter als das ſeines befannteren Verwandten; denn es erſtre>t ſi<h, mit Ausnahme Großbritanniens, über den größten Teil Europas und über ganz Sibirien bis Fapan, na<h Süden hin bis Perſien. Fn Deutſchland tritt er im allgemeinen ſeltener auf als der Grünſpecht, bewohnt aber annähernd dieſelben Örtlichkeiten wie dieſer. Hier und da fehlt ex gänzlich, in anderen Gegenden findet man ihn einzeln, wenigſtens an allen für ihn geeigneten Stellen. Doch teilt er mit Schwarz- und Grünſpecht dasſelbe Schickſal: er nimmt von Fahr zu Fahr mehr ab und vermindert ſih in demſelben Verhältnis, in welchem die ausgiebigſte Bewirtſchaftung des Grundes und Bodens vorſchreitet. Noch in meiner Knabenzeit war ex in Oſtthüringen ebenſo häufig als in dem zweiten Fahrzehnt unſeres Jahrhunderts, das meinem Vater Gelegenheit zu ſeinen trefflihen Beobachtungen über ihn bot; gegenwärtig ſieht man wohl no<h den Grauſpecht, aber nur ſelten, ohne daß man eigentlih ſagen könnte, weshalb er ſo erſichtlih abgenommen hat. Wie mein Vater hervorhebt, liebt er die Vor- und Feldhölzer oder mit Laubbäumen beſeßte Thäler und erwählt ausgedehntere Schwarzhölzer nux dann, wenn ſie an das Feld ſtoßen, findet daher in unſeren thüringiſhen Flußthälern alle Erforderniſſe zu behaglichem Leben und gedeihliher Vermehrung und wird denno< immer ſeltener. Dies mag in anderen Gegenden Deutſchlands nicht ſo ſein; im allgemeinen aber wird ſich die eben ausgeſprohene Behauptung überall bewahrheiten. Borggreve bezeichnet ihn als einen e<ten Standvogel des Buchengürtels zwiſchen 300 und 800 m über dem Meere, und Gloger behauptet, daß im Sommer einzelne bis in die leßten Alpenwälder hinaufgehen; i< muß bemerken, daß ih ihn im Hochgebirge nie und in den von Borggreve angegebenen Höhen nur äußerſt ſelten geſehen, vielmehr vorwaltend als Bewohner der Niederung und des Hügellandes bis zu ungefähr 150 m Höhe kennen gelernt habe. Doch traf