Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

644 Erſte Drdnung: Baumvögel; neunundzwanzigſte Familie: Pfefſerfreſſer.

Federſ<hmu> beſtand größtenteils in di>en Kopfbinden aus den roten und gelben Federn, welche die Pfefferfreſſer unmittelbar über der Shwanzwurzel haben. Da nun nicht allein die Maiongkongs, ſondern auh die Guinaus, Uaupes und Pauixanas ſowohl ihre Kopf= bede>ung als au< förmlihe Mäntel aus dieſen Federn verfertigen, ſo würden die beiden Arten der Pfefferfreſſer, denen insbeſondere nachgeſtellt wird, bald ausgerottet ſein. Dieſem Untergang ihrer Kleiderlieferer beugen die Wilden jedo<h auf eine höhſt ſharfſinnige Weiſe dadurch vox, daß ſie die Vögel zu dieſem Zwe> mit ganz kleinen und mit äußerſt ſhwachem Gifte beſtrihenen Pfeilen ſchießen. Die Wunde, die ein folcher Pfeil verurſacht, iſt zu unbedeutend, um tödlich zu werden, während das ſhwache Giſt den Verwundeten nur betäubt. Der Vogel fällt herab, die gewünſchten Federn werden herausgezogen, und na< kurzer Zeit erhebt er ſi< wieder, um vielleicht wiederholt geſchoſſen und beraubt zu werden.“

Jung aufgezogene Tukane gehören zu den anziehendſten Gefangenen. „Fn Lebensweiſe und geiſtiger Anlage“, ſagt A. von Humboldt, „gleicht dieſer Vogel dem Raben. Er iſt ein mutiges, leiht zu zähmendes Tier. Sein langer Shnabel dient ihm als Verteidigungswaffe. Er macht ſih zum Herren im Hauſe, ſtiehlt, was er erreichen kann, badet ſich oft und fiſcht gern am Ufer des Stromes. Der Tukan, den wir gekauft hatten, war ſehr jung, dennoch ne>te er während der ganzen Fahrt mit ſichtbarer Luſt die trübſeligen, zornmütigen Nachtaffen.“ Schomburgk erzählt eine hübſche Geſchichte. „Beſonderes Vergnügen bereitete mir unter den vielen zahmen Tieren, die i< in Watu-Ticaba fand, ein Pfefferfreſſer, der ſih zum unbeſchränkten Herrſcher nicht allein des geſamten Geflügels, ſondern ſelbſt der größeren Vierfüßler emporgeſhwungen hatte, und unter deſſen eiſernem Zepter ſih groß und klein willig beugte. Wollte ſi< Streit unter den zahmen Trompetervögeln, Hoos, Schakus und anderen Hühnern entſpinnen, ohne Zögern eilte alles auseinander, ſowie ſih der kräftige Tyrann nux ſehen ließ; war er in der Hiße des Zanfes nicht bemerkt worden: einige ſchmerzhafte Biſſe mit dem unförmlichen Schnabel belehrten die erhißten, daß ihr Herrſcher keinen Streit unter ſeinem Volke dulde; warfen wir Brot oder Knochen unter den dichten Haufen, keiner der zwei- und vierfüßigen Unterthanen wagte auh nur das kleinſte Stü>k aufzuheben, bevor ſih jener niht ſo viel ausgeſucht, als er für nötig hielt. Ja, ſeine Herrſhſu<t und Tyrannei ging ſo weit, daß er alles Völkerre<t aus den Augen ſeßte und jeden fremden Hund, der vielleiht mit den aus der Nachbarſchaft herbeieilenden Jndianern herankam, unbarmherzig fühlen ließ, was in ſeinem Neiche Rechtens ſei, indem er dieſen biß und im ganzen Dorfe umherjagte. Die gequälten Unterthanen ſollten noh am Tage meiner Abreiſe von dieſem Tukan befreit werden. Ein großer Hund, der am Morgen mit ſeinem Herrn angekommen war und zu mehreren hinz geworfenen Knochen ebenſoviel Recht wie der hab- und herrſhſüchtige Pfefferfreſſer zu haben glaubte, ſeßte ſi< ruhig in deren Beſiß, ohne erſt abzuwarten, ob ſie dem in der Nähe ſißenden Vogel gefällig ſein könnten. Kaum war dies aber von leßterem bemerkt worden, als er zornig auf den Frechen ſprang und den Hund einigemal in den Kopf biß. Der gezüchtigte fing an zu knurren; der Vogel ließ ſih dadur<h niht abſchreden und ha>te ohne Erbarmen mit ſeinem ungeſchi>ten Schnabel auf den Frevler, bis dieſer ſih plöblich herumwandte, nah dem erzürnten Vogel ſchnappte und ihn ſo in den Kopf biß, daß er nach kurzer Zeit ſtarb. Das Tier dauerte uns ungemein, da es wirklih mehr als lächerlih ausſah, wenn es ſich ſelbſt vor dem größten Hunde nicht fürchtete, oder einen anderen Üeinen ungehorſamen Unterthan nachdrü>lih zur Ruhe verwies. Zu dieſer leßteren Klaſſe gehörte namentli<h ein Naſenbär.“ '

Bates weiß von einem anderen Tukan zu berichten. Als ex eines Tages im Walde umherging, ſah er einen Pfefferfreſſer auf einem niederen Baumzweige ſißen Und hatte wenig Mühe, ihn mit der Hand wegzunehmen. Der Vogel war entkräftet und halb