Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Tufkane: Gefangenleben. Herrſhſuht. 645

verhungert, erholte ſi<h aber bei guter Nahrung raſh wieder und wurde eines der unterhaltendſten Geſchöpfe, das man ſi vorſtellen kann. Sein Verſtändnis glih dem der Papageien. Gegen allen Gebrau<h wurde ihm erlaubt, ſich frei im Hauſe zu bewegen. Eine gehörige Zurehtweiſung genügte, ihn vom Arbeitstiſche fern zu halten. Er fraß alles, was ſein Gebieter genoß: Fleiſh, Schildkröten, Fiſche, Farinha, Früchte 2c., und war ein regelmäßiger Teilnehmer an den Mahlzeiten. Seine Freßluſt war außerordentlich, ſeine Verdauungsfähigkeit erftaunlih. Er kannte die Eßſtunden genau, und es wurde nah einigen Wochen \<hwer, ihn aus dem Speiſezimmer zu entfernen. Man ſperrte ihn in den von einem hohen Zaune umgebenen Hof ein; er aber überkletterte die Trennungswand, hüpfte in der Nähe des Cßzimmers auf und nieder und fand ſih mit der erſten Schüſſel auf dem Tiſche ein. Später gefiel er ſih, in der Straße vor dem Hauſe ſpazieren zu gehen. Eines Tages ward er geſtohlen, und Bates betrachtete ihn natürlih als verloren. Zwei Tage ſpäter erſchien er jedoh nah alter Gewohnheit im Eßzimmer: er war ſeinem unre<htmäßigen Beſizer glü>li< entronnen.

Ein anderer gefangener, den Broderip und Vigors beſaßen, erhielt faſt aus\{<ließlih Pflanzenſtoffe und nux zuweilen Eier, die unter das gewöhnliche Futter, Brot, Reis, Kartoffeln 2c., gemiſcht wurden. Früchte liebte er ſehr, und wenn ihm ein Stü Apfel, Orange oder etwas Ähnliches gereiht wurde, bewies er jedesmal ſeine Zufriedenheit. Er faßte den Biſſen mit der Schnabelſpiße, berührte ihn mit erſichtlihem Vergnügen vermittelſt ſeiner Zunge und brachte ihn dann mit einem raſhen Rucke nach oben in die Gurgel. Troß jeiner Vorliebe für Pflanzennahrung machte er ſih lebenden Tieren gegenüber einer gewiſſen Raubluſt ſehr verdächtig. Er zeigte ſih erregt, wenn irgend ein anderer Vogel oder ſelbſt ein ausgeſtopfter Balg in die Nähe ſeines Käfigs gebracht wurde, erhob ſich, ſträubte die Federn und ſtieß einen dumpfen, flappenden Laut aus, dex, wie es ſchien, Vergnügen oder richtiger Triumphgeſchrei ausdrücen ſollte. Gleichzeitig dehnte ſi< das Auge, und er ſchien bereit, ſi<h auf ſeine Beute zu ſtürzen. Wenn man ihm einen Spiegel vorhielt, bekundete er ähnlihe Erregung. Ein Stiegliß, den Broderip in den Käfig ſeines Gefangenen brachte, wurde augenbli>li<h von ihm erſhnappt, und der arme kleine Vogel hatte eben no Zeit, um einen furzen, ſ<wa<hen Schrei auszuſtoßen. Jm nächſten Augenbli>e war er tot und ſo zuſammengequetſcht, daß die Eingeweide zum Vorſchein kamen. Sofort nah ſeinem Tode begann der Mörder ſein Opfer zu rupfen, und nachdem dies größtenteils beſorgt war, zerbrach er die Knochen der Schwingen und Füße und zermalmte die kleine Leiche, bis ſie eine formloſe Maſſe bildete. Dabei hüpfte er von Zweig zu Zweig, ſtieß fortwährend ſein eigentümlihes Geſchnatter aus und zitterte mit dem Schnabel und den Schwingen. Die Eingeweide verzehrte er zuerſt, hierauf aber, Stück für Stü, den ganzen Vogel, ſelbſt Schnabel und Füße mit, und während des Verſchlingens bekundete er das größte Behagen. Nah vollendeter Mahlzeit reinigte er den Shnabel von den ihm anhängenden Federn ſehr ſorgfältig. Broderip fügt dem hinzu, daß er mehr als einmal beobachtet habe, wie ſein Tukan das Verſchlungene von ſich gegeben, aber auh, nah Art der Hunde, wieder gefreſſen habe. Einmal förderte er in dieſer Weiſe ein Stüc Fleiſch wieder zu Tage, das in dem Kropfe bereits teilweiſe verdaut war. Während er ſih erbrach, ließ er jenen klappenden Laut vernehmen. Ehe er das Fleiſch von ſih gab, hatte er ſein Futter dur<hſuc<ht und gefunden, daß es nur aus Brot beſtand; dieſes aber verſhmähte er, und es ſchien, als ob er ſih dur ſein Erbrechen den Genuß tieriſcher Nahrung no einmal habe verſchaffen wollen. Dieſer Tukan ſchien leßtere überhaupt den Pflanzenſtoffen vorzuziehen: er ſuchte ſtets zuerſt Das Fleiſ<h aus ſeinem Futternapfe hervor.

Der Tukan, den Vigors gefangen hielt, war auffallend liebenswürdig und umgänglih. Er erlaubte, daß man mit ihm ſpielte, fraß aus der Hand, wax munter nett und troy