Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

58 Erſte Ordnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

tethys, atra, Sylvia tithys und tites, Motacilla gibraltariensis, atrata und erythrourus, Saxicola tithys, Lusciola tithys und tythis, Phoenicura tethys), iſt \<warz, auf dem Kopfe, dem Rü>en und der Unterbruſt mehr oder weniger aſ<hgrau, am Bauche weißlih, auf den Flügeln weiß gefle>t; die Shwanz- und Bürzelfedern ſind, mit Ausnahme der beiden mittleren dunkelbraunen, gelbli<h roſtrot. Beim Weibchen und einjährigen Männhen iſt die Hauptfärbung ein gleihmäßiges Tiefgrau; bei den Jungen iſt das Grau ſ{<wärzlih gewellt. Die Länge beträgt 16, die Breite 26, die Fittihlänge 9, die Shwanzlänge 7 cm. Als Gebirgsrotſ<hwanz (Erithacus cairii) wird ſeit 1848 eine in beiden Ge-. ſ<le<tern dem Weibchen des Hausrotſhwanzes ähnliche, aber etwas grauer gefärbte Art oder Unterart unterſchieden, die in den Hochalpen und Karpathen den Hausrotſ<hwanz vertreten ſoll und vielleicht au< in deutſhen Gebirgen vorkommt. Zwei Stücke dieſer Form, über die weitere Unterſuchungen ſehr erwünſcht ſind, wurden bei Offenbach am Main erlegt.

Das Wohngebiet des Rotſhwanzes erſtre>t ſih über Mittel- und Südeuropa und außerdem Kleinaſien und Perſien. Jm Süden unſeres heimatlichen Erdteiles iſt er Standvogel, im Norden nötigt ihn der Winter, ſein Brutgebiet zu verlaſſen und nah Südeuropa, Kleinaſien, Syrien, Paläſtina und Nordafrika zu flüchten. Urſprünglich Gebirgsfkind und Felſenbewohner, hat der gegenwärtig bei uns zu Lande zum Haustiere gewordene Vogel nah und nah ſi< bequemt, auf dem Wohnhauſe des Menſchen Herberge zu nehmen, ohne zwiſchen der volkreichen Stadt und dem einſamen Gehöfte einen Unterſchied zu machen. Wo er vorÉommt, findet man ihn faſt ſtets au< auf Neubauen, niht als Bewohner, wohl aber als erſten zutraulichen Gaſt, der „unbekümmert um die Arbeiter an den entſtehenden, no< feuhten Mauern ſeiner Jagd obliegt. „Er iſt“, wie W. Marſhall, der Kulturfolger unter den Vögeln Kulturflüchtern gegenüberſtellt, ſi< ausdrü>kt, „in ſeiner Art auh ein Folger der Kultur, aber nicht der A>erbau treibenden, ſondern der ſteinerne Häuſer, Kirchen, Paläſte Türme und Feſtungen errihtenden, — der, wie der Mauerſegler und die Shwalben, zu meinen ſcheint, dieſe Bauwerke ſeien Felſen, die ſi< in immer erfreulicherer Menge von Fahr zu Fahr in Europa mehren, und in denen außer ihm, zufällig und läſtig genug, Menſchen mit ihren böſen Kindern und ſ{hlimmen Kazen hauſen. Die Wiege dieſes munteren Geſellen ſcheint in der weſtlihen und mittleren Schweiz geſtanden zu haben; hier kommt er, na< Tſchudi, vom Aufenthalte der Nachtigall, der Ebene, bis zur Heimat des Flühvogels an der Grenze des ewigen Schnees, ja darüber hinaus, vor. Bei Lyon findet er ſih aus\{ließlih im Gebirge und geht nur, wenn ihn zu arge Kälte vertreibt, in die Ebene hinab. Von den Alpen hat ev ſich ſüdwärts gewendet, findet ſich ſelten auf Sardinien, häufiger bei Florenz, erſheint um Neapel nur im Winter, hat aber in Sizilien hoh am Ätna unter ähnlichen Verhältniſſen wie in den heimiſchen Alpen eine Niederlaſſung gegründet. Weſtlich von den Alpen und ihren Ausläufern iſt der Vogel ſelten; die Provence zählt ihn niht unter ihre Brutvögel; in den ſpaniſchen Gebirgen tritt er bloß vereinzelt auf; in Murcia erſcheint er erſt, wenn ſein dort häufiger nächſter Vetter, das Gartenrotſhwänzchen, weggezogen iſt; în Portugal iſt er ſehr ſelten, auf den Kanaren, den Balearen und in Algier fehlt er, obwohl der Gartenrotſchanz in allen dieſen Gegenden brütet. Es iſt überhaupt bemerkenswert, daß dieſe beiden Vögelchen nicht gut nebeneinander gedeihen — bei uns zu Lande wird der Gartenrotſ<wanz in dem Maße ſeltener, wie der Hausrotſhwanz zunimmt. Auch auf der öſtlichen europäiſchen Halbinſel iſt der Hausrotſhwanz eine Seltenheit: in Fſtrien zeigt er ſich nur im Winter; in Bulgarien ſah ihn Finſ<h nur ein einziges Mal, auf Naxos kommt er gar niht vox, und die Cykladen beſucht er nur während der kalten Jahreszeit. Jn der Krim ſah ihn Goebel (1874) mehrmals, ſo auf den Nuinen des Malakow, zu denen das melancholiſche Liedchen, des kleinen „Frühauf — Spät ins Bett‘ vortrefflih paßt.“ Nach Deutſchland iſt unſer Vogel auf verſchiedenen Straßen eingewandert. Gesner erhielt ihn ſchon vor drei