Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1
Salangane: Bau und Beſchaffenheit der Neſter. TOT
„Wenn nun die Vögel mit der Anlage ihres Neſtes beginnen wollen, ſo fliegen ſie, wie ih öfters beobahtet habe, wiederholt gegen die hierzu gewählte Stelle an und drü>en hierbei mit der Spie der Zunge ihren Speichel an das Geſtein. Dies thun ſie oft 10bis 20mal hintereinander, ohne ſi< inzwiſhen mehr als einige Meter weit zu entfernen. Mithin holen ſie den Bauſtoff niht jedesmal erſt herbei, ſondern haben ihn in größerer, ſih ſ<hnell wieder anſammelnder Menge bei ſich. So beſchreiben ſie zunächſt eine halbfreis- oder hufeiſenförmige Form an der erwählten Stelle. Die anfangs di>flüſſige Maſſe tro>net bald und bildet nun eine feſte Grundlage für das weiter zu bauende Neſt. Der Kuſappi bedient ſich hierzu, wie erwähnt, verſchiedener Pflanzenteile, die er mehr oder weniger mit ſeinem Speichel überzieht und verbindet, die Salangane hingegen fährt mit dem Auftragen ihres Speichels allein fort. Sie klammert ſich dann, je mehr der Neſtbau fortſchreitet, an den Bau an, und indem ſie unter abwechſelnden Seitenbewegungen des Kopfes den Speichel auf den Rand des ſchon beſtehenden und verhärteten Neſtteiles aufträgt, entſtehen jene oben erwähnten wellenförmigen Querſtreifen. Bei dieſer Gelegenheit mögen dann wohl auch die einzelnen kleinen Federn, die wir an den Neſtern finden, an dem halb eingetro>neten Speichel kleben bleiben und als zufällige Beſtandteile dem Neſtſtoffe beigefügt werden. Auch mag wohl der Reiz, den die angeſhwollenen Drüſen verurſachen, die Tiere veranlaſſen, ſi< der Abſonderung dieſer Drüſen dur<h Drücken und Reiben zu entledigen. Hierbei kann es denn bisweilen geſchehen, daß dieſe Teile wund gerieben werden und | omit Veranlaſſung gegeben wird zum Austritte einiger Blutstropfen: dieſem Umſtande dürſten wohl die fleinen Blutſpuren, die man bisweilen an den Neſtern wahrnimmt, ihre Entſtehung verdanken. Übrigens muß ih no< erwähnen, daß die Abſonderung des Speichels ſowie vieler Drüſen in geradem Verhältnis zur Menge der aufgenommenen Nahrung ſteht. Wenn ih meine einige Tage lebend unterhaltenen Vögel gut gefüttert hatte, trat alsbald reihliche Speichelabſcheidung ein, die hingegen ſehr gering war, wenn die Tiere einige Stunden gehungert hatten. Und hiermit ſtimmen andere Beobachtungen überein, zumal der Umſtand, daß zu manchen Zeiten die Vögel ihre Neſter ſchneller bauen und dieſe größer und ſchöner ſind als zu anderen Zeiten. Jm erſteren Falle hatten die Tiere höchſt wahrſcheinlih Überfluß an Nahrung, im lezteren Mangel.“
Solchen Beobachtungen gegenüber bedarf es weiterer Auslaſſungen niht. Wir wiſſen jezt ganz genau, welchen Stoff die Gutſchmeer verzehren, wenn ſie die berühmten indiſchen Vogelneſter zu ſi<h nehmen.
Nicht ſo ausführlich ſind wir über das Leben der Salangane ſelbſt unterrichtet. Die eingehendſte Beſchreibung verdanken wir Funghuhn; doh ſchildert auh er uns weniger den Vogel ſelbſt als ſeine Aufenthaltsorte. „Die ſchroff geſenkten Mauern der Südküſte von Java“ / ſagt er, „bieten einen maleriſchen Anbli> dar. Das üppigſte Waldgebüſ<h hat ſi bis zur äußerſten Grenze des Landes vorgedrängt; ja, Pandanen wurzeln noch an den ſ<roffen Wänden ſelbſt oder bli>ken zu Tauſenden vom Rande der Felsmauern in geneigter Stellung hinab. Unten am Fuße der Mauer iſt die Brandung des dort ſehr tiefen Meeres thätig und hat im Verlaufe von Jahrtauſenden weit überhängende Buchten im Kalkfelſen gebildet. Hier iſt es, wo die Salangane gefunden wird. Dort, wo die Brandung am ſtärkſten tobt, wo das Meer Höhlungen ausgewaſchen hat, ſieht man ganze Schwärme dieſer kleinen Vögel hin- und herſhwirren. Sie fliegen abſihtlih dur den dichteſten Wellenſhaum, der an den Felſen zerſchellt, und finden in dieſer zerſtiebenden Brandung offenbar ihre Nahrung, wahrſcheinlih ganz kleine Seetieve oder Reſte von ſolcen, welche die Brandung an den Klippen zerſtückelt hat und emporſchleudert. Begibt man ſich auf das hervorragende Felſenvorgebirge öſtlih von Rongkap und ſebt ſi<h am Nande der Felſenmauer hin, ſo erbli>t man am Fuße der diesſeitigen Wand den Eingang zur