Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1
Salangane: Niſthöhlen. Sammeln der Neſter. 729
Abgeſehen von dieſen dur<h Großartigkeit der Natur und Reichhaltigkeit der Neſterernten hervorragenden Siedelpläßen der Salanganen kommt dieſe no< an vielen anderen Orten Javas auh im Funeren des Landes vor. Die erwähnte Höhle liegt in der Reſidenz Bagatlen, die Siedelung der Vögel in der Mitte der Fnſel in den Kalkbergen der PreangerRegentſchaft in einer Höhe von 600—800 m, ungefähr glei<h weit von der Nord- und Südtüſte entfernt. Hier werden ſe<s, zu Karang-Bolong neun Höhlen von Salanganen bewohnt. Bei der Gedahöhle liegt der Rand der Küſtenmauer 25 m über dem Spiegel des Meeres zur Ebbezeit, und die Mauer biegt ſih eingebuhtet na< innen, bildet jedo< in einer Höhe von 8 m über dem Meere einen Vorſprung, bis wohin die aus Rotang (ſpaniſchem Rohre) gefertigte Leiter ſenkre<ht vom Rande herabhängt. Dieſe Leiter beſteht aus zwei ſeitlichen Rotangſträngen, die im Abſtande von 50 em dur< Querhölzer miteinander verbunden ſind. Die Dee des Einganges der Höhle liegt jedoh nur 3 m über dem Spiegel des Meeres, das den Boden des Fnnenraumes auh zur Ebbezeit in ſeiner ganzen Ausdehnung bede>t, während zur Flutzeit die Öffnung, wie geſchildert, von jeder herbeirollenden Woge gänzlich geſchloſſen wird. Die Sammler der Vogelneſter können daher nur zur Ebbezeit und bei ſehr ſtillem, niedrigem Waſſer in das Fnnere des Raumes gelangen. Aber auh dann no< würde dies unmöglich ſein, wäre der Felſen am Gewölbe der Höhle nicht von einer Menge von Löchern durhbohrt, zernagt und zerfreſſen. Fn dieſen Löchern, an den hervorragendſten Za>en, hält ſich der ſtärkſte und kühnſte der Neſterſammler oder, wie man auf Java ſagt, der Neſterpflücer, der zuerſt hineinklettert, feſt und bindet Rotangſtränge an ihnen an, ſo daß ſie von der De>e 1,5—2 m herabhängen. An ihrem Ende werden andere lange Rotangſtränge feſtgeknüpft, die in einer mehr wagerechten Richtung unter der Dee hinlaufen, deren Unebenheiten auf- und abſteigend folgen und ſih wie eine hängende Brücke durch die ganze über 50 m breite Höhle hinziehen. Die Daharhöhle iſt bei 15 m Breite 150 m lang. Fhr Eingang liegt nur 4 m über dem Spiegel des Meeres, das auch ihren Boden bede>t, und ſteigt im Fnneren bis zu 20 m an.
Ehe man zum Pflücken der Vogelneſter die Leitern aushängt und auf ihnen hinausſteigt in die grauſende Nachbarſchaft der ſhäumenden See, richtet man ein feierliches Gebet zu der erwähnten Göttin, die an verſchiedenen Teilen der Jnſel verſchiedene Namen führt, dem ungeachtet aber keine andere iſt, als die Göttin „Durga“ die Gemahlin des Gottes „Schiwa“, in den Augen der heutigen Javanen das Sinnbild der Zeugungskraft, Fruchtbarkeit und unerſchöpflichen Lebensfülle. Obwohl die heutigen Javanen ſich zum Jslam bekennen, hat ſi< die Verehrung dieſer Göttin und die Anſchauung über ſie doh nicht geändert,
Nach den Angaben der älteſten und erfahrenſten Neſterpflücker und eignen Beobachtungen fonnte Junghuhn über das Leben der Salanganen Folgendes mitteilen: Die Vögel wohnen, auh wenn ſie niht brüten, in den geſchilderten Höhlen, fliegen aber, wenn ſie nicht durc die Sorge um ihre Brut im Junneren feſtgehalten werden, bei Aufgang der Sonne in gedrängtem Schwarme aus dem Juneren der Höhle und verſhwinden, ſo daß man weder im Gebüſche no< über Bächen und Teichen im Laufe des Tages eine einzige von ihnen erblickt. Erſt ſpät am Abend, wenn die Sonne untergeht und die Fledermäuſe ſich zum Ausfliegen anſchi>en, kehrt der ganze Shwarm auf einmal zurü>, um des Nachts in der Höhle zu bleiben. Sie fliegen pfeilgeſ<hwind dur< die engſten Spalten, ohne anzuſtoßen, und dies auh, wenn es vollkommen finſter iſt. Höher gelegene Höhlen teilen ſie mit den Fledermäuſen, ohne ſich gegenſeitig zu behelligen. Leßtere ſchlafen bei Tage, zu welcher Zeit die Salanganen die Höhlen verlaſſen haben, um Nahrung zu ſuchen, und fliegen, wenn die gefiederten Mitbewohner des Raumes des Abends heimkehren, aus, um erſt am folgenden Morgen wieder zurüczukommen, zu welcher Zeit dann von neuem die Salanganen ausziehen.