Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
Jahrvogel: Flug. Lebensweiſe. Stimme. Fortpflanzung. 923
habe ih in der Freiheit von unſerem Vogel noh niht gehört; allein er iſt ſo ſcheu, daß es ſhwer hält, in ſeine Nähe zu kommen. Die gefangenen ließen, wenn ſie gereizt wurden, eine Art Brüllen hören, das viel Ähnlichkeit hat mit dem Geſchrei eines Shweines, das zornig iſt oder geſchlachtet wird. Wer es zum erſten Male hört, glaubt das Brüllen irgend eines Raubtieres zu vernehmen. Fn ihrem Schnabel haben ſie eine bedeutende Kraft, obgleih man dies bei deſſen zelligem Baue und den keineswegs ſtarken Kaumuskeln nicht erwarten möchte. Sie beißen ſehr empfindlih. Ein alt eingefangener hate ſelbſt in ſeinen aus geſpaltenem Bambus verfertigten Behälter ein Loh und, als ih dieſes dur ein etwa centimeterdi>es Brett wieder diht machen ließ, auh von leßterem ſehr bald große Späne ab, ſo daß ich beſtändig um ſein Entkommen beſorgt ſein mußte. Den na>ten Kehlſa> fann ex, da er mit dem vorderen Bruſtluftſa>e in Verbindung ſteht, aufblaſen und ausdehnen, wodurch er bedeutend an Umfang zunimmt. Er thut dies beſonders während des ruhigen Sigzens.
„Die Fortpflanzungsgeſchichte dieſer Vögel iſt höchſt merkwürdig. Jhr Neſt legen ſie mitten im dichteſten Walde in hohlen Bäumen an und zwar in ziemlicher Höhe über dem Erdboden. Jn hieſiger Gegend iſt das Neſt doppelt mühſam zu finden, da die mit dihten Waldungen bede>ten Berggehänge ſchmale, ſteile Grate bilden, die durch tiefe Thäler getrennt werden, und jeder Raum zwiſchen den rieſigen Baumſtämmen durch ein undurhdringliches Gewirr und Geſtrüpp von Farnen, Shlinggewächſen, wildem Piſang und dergleichen ausgefüllt iſt, dur<h wel<hes man ſi< nur mit dem Kappmeſſer in der Hand mühſam einen Weg bahnen kann. Einmal macht ſi das Neſt, weil in einem hohlen Baume angelegt, dem Auge wenig oder kaum bemertli<, und dann iſt es, ſelbſt wenn man Urſache hat, es in der einen oder anderen Gegend des Waldes zu vermuten, aus den angeführten Gründen oft ſehr ſhwierig, bis dahin durhzudringen; wenn dies aber geglüd>t iſt, muß man jeden der rieſigen Bäume genau muſtern, ob nicht irgendwo im Wipfel ſich die den Eingang zum Neſte bildende Spalte befindet. Bisweilen verrät das ab und zu fliegende Männchen das Neſt, und dies war der Fall bei dem einzigen, das ih bisher beobachtete. Dieſes war in einer Höhe von etwa 20 m in einem hohlen Raſamalabaume angelegt und bot mir Gelegenheit, das ſhon von Horsfield Mitgeteilte beſtätigt zu finden. Sobald nämlich die zur Anlage des Neſtes gewählte Baumhöhle, bei deren Erweiterung der ſtarke Schnabel den Vögeln ſehr zu ſtatten kommen mag, in Ordnung gebracht iſt und das Weibchen zu brüten anfängt, wird der Eingang vom Männchen mit einer aus Erde und verfaultem Holze beſtehenden, höchſt wahrſcheinlih mit dem Speichel des Tieres vermengten Maſſe ſo weit diht gemauert, daß nur noch eine kleine Öffnung übrigbleibt, dur welche das Weibchen ſeinen Schnabel vorſtre>en kann. Während der ganzen Brutzeit wird es vom Männchen reihli<h mit Früchten gefüttert, und leßteres iſt deshalb gezwungen, ſi< zuweilen bis in bewohnte und verhältnismäßig baumarme Gegenden zu begeben. So wurde z. B. in der hieſigen, faſt durhweg angebauten Gegend ein ſolches Männchen in einem benachbarten Garten geſchoſſen.
„Aber warum geſchieht nun das Einmauern des Weibchens? Daß es, wie Horsfield annimmt, zum Schute gegen die Affen geſchehe, ſcheint mir niht wahrſcheinlich, da wenigſtens die javaniſchen Affen \ſi< wohl hüten werden, in den Bereich einer ſo kräftigen Waſfe zu fommen, wie es der Schnabel des Vogels iſt. Eher könnten die größeren Eihhhornarten gefährlih werden, zumal mir ein Fall bekannt iſt, daß ein gefangen gehaltenes Flugeihhorn einen in dasſelbe Zimmer gebrachten Falken ſofort anfiel, troß des Sträubens tötete und ſelbſt teilweiſe auffraß. Beſonderer Erwähnung wert ſcheint mir der Umſtand zu ſein, daß in dem von mir beobachteten Falle das Weibchen den größten Teil ſeiner Schwung- und Schwanzfedern verloren hatte, indem von den Schwingen erſter Ordnung