Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 507
Allgemeines: Artenzahl. Verbreitung. Begabung. ' 469
der Hirnteil. Die Gaumenfortſäße der Oberkiefer ſind klein, die Gaumenbeine verhältnismäßig lang und ſ{hmal. Die Wirbelſäule ſeßen 12—15 Hals-, 6—8 Rücken-, 12—17 Kreuzbein- und 5—6 Schwanzwirbel zuſammen. Der Bruſtbeinkörper iſt niht eigentlih énöchern, ſondern häutig, nah hinten jederſeits doppelt ausgebuchtet; die innere dieſer Buchten erſtre>t ſih ſo weit nah vorn, daß der Bruſtbeinkörper ſelbſt bis auf einen {malen Knochenſtreifen verkümmert erſcheint; ein zweiter Knochenſtreifen trennt die eine Bucht von der anderen. Der Kamm des Bruſtbeines iſt niht beſonders hoh, vorn verbreitert, in ſeinem Verlaufe ſtark gewölbt, das Gabelbein dünn und ſ<hmähtig. Die Vorderglieder zeihnen ſih dur die Breite des Vorderarmes und die bogenförmige Krümmung der Ellbogenröhre aus. Die Zunge iſt ziemlih gleich breit, oben flah und weih, - vorn kurz geſpibt und meiſt ausgezaſert, der Zungenkern einfach, vorn knöcherig, hinten knorpelig, der Zungenbeinkörper {mal und längli<h. Der Schlund erweitert ſi< zu einem wahren Kropfe von anſehnlicher Größe. Der Vormagen iſt di>wandig und drüſenreih, der Magen ſtarkmuskelig. Die Blinddärme ſind ſehr lang und man<hmal keulenförmig geſtaltet. Die Leber iſt mäßig groß, ungleihlappig, die Gallenblaſe klein, die Milz klein und rundlih. Die Luſftröhre iſt weih, wird nur aus knorpeligen Ringen gebildet und bei den Männchen gewiſſer Arten in ihrem unteren Teile mit einer zelligen, gallertartigen Maſſe überkleidet.
Die Hühner, von welhen man ungefähr 400 Arten kennt, ſind, wie bereits ange: deutet, Weltbürger, in Aſien aber am reichſten entwi>elt. Feder Erdteil oder jedes Gebiet beherbergt gewiſſe Familien mehr oder weniger aus\<ließlih. Als bevorzugte Wohnſtätte darf man den Wald anſehen, die einzige aber iſ er niht; denn auch die pflanzenarme Ebene, die nur mit dürftigem Geſträuche und Gräſern bede>ten Berggehänge der Alpen unter der Schneegrenze und die ihnen entſprehenden Moosſteppen des Nordens werden von Hühnern bevölkert. Faſt die ganze Erde iſ in Beſiß genommen worden von den Mitgliedern dieſer Ordnung; wo die einen verzweifeln, ihr Leben zu friſten, finden andere das tägliche Brot. Wie ſie es ermöglichen, ihren Unterhalt zu erwerben an den Orten, wo entweder die Glut der Sonne oder die Kälte der monatelangen Nacht unſerer Erde Öde und Armut bringen, vermögen wir niht zu ſagen, kaum zu begreifen, obgleich wir wiſſen, daß ihnen eigentlich alles Genießbare re<t, daß ſie zwar vorzugsweiſe Pflanzenfreſſer, aber doh auh tüchtige Räuber ſind, daß ſie ſi<h mit Stoffen begnügen, die nur Raupen mit ihnen teilen oder höchſtens einzelne Wiederkäuer zur Äſung nehmen.
Man kann die Hühner niht als beſonders begabte Geſchöpfe bezeihnen. Jhre Fähigteiten ſind gering. Die wenigſten vermögen im Fluge mit anderen Vögeln zu wetteifern; die meiſten ſind mehr oder weniger fremd auf den Bäumen, weil fie ſich hier nicht zu benehmen wiſſen, und alle ohne Ausnahme ſcheuen das Waſſer. Jhr Reich iſt der flache Boden. Sie ſind vollendete Läufer; ihre kräftigen und verhältnismäßig hohen Beine geſtatten ihnen nicht nux einen ausdauernden, ſondern auch einen ſehr ſchnellen Lauf. Reicht die Kraft der Beine allein niht aus, ſo werden auch die Flügel mit zu Hilfe genommen, mehr um den Leib im Gleichgewichte zu halten, als um ihn vorwärts zu treiben. Zum Fliegen entſchließt ſi< das Huhn in der Regel nur, wenn es ihm unbedingt nötig erſcheint, wenn es laufend das Ziel ſeiner Wünſche und Abſichten entweder niht raſh oder nicht ſicher genug erreichen zu können glaubt. Der Flug der meiſten Arten erfordert viele raſche Schläge der kurzen, runden Fittiche, geſtattet den ſie bewegenden Muskeln keine Ruhepauſen und ermüdet daher ſehr bald. Aber auch in dieſer Hinſicht gibt es Ausnahmen. Die Stimme iſt ſtets eigentümlih. Wenige Arten dürfen ſ{hweigſam genannt werden; die meiſten ſchreien gern und viel. Von angenehmen Tönen wird aber wenig vernommen, falls man von dem Ausdruce der Zärtlichkeit den die Hühnermutter ihren Küchlein gegenüber anwendet, abſieht und den eigentlichen Liebesruf des Hahnes allein berüſichtigt. Dieſer