Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 521

Auerhuhn: Balz: Balzruf. Gebaren. 481

erſcheinende Überſezung des Trillers mit „Dödelrrr“ beibehalten, glauben ſie den vollſtändigen Balzruf etwa dur< „blü blü blü blü blü-dödelrrr-kla>-z\<hiz \<hiz {<iz ſchiz ſchiuit“ ausdrüden zu können. An einem von mir gepflegten Auerhahne, der in jedem Frühjahre regelmäßig und höchſt eifrig balzte, habe ih, und zwar in einer Entfernung von faum 1 m, beobachtet, daß das Schnalzen bei geöffnetem Schnabel hervorgebracht und höchſt wahrſcheinlih dur eine große Anſtrengung der Kehlkopfmuskeln bewirkt wird. Das Ausſtoßen des Hauptſchlages wenigſtens erſchüttert den Kehlkopf genau in derſelben Weiſe wie ein kräftiges Zungenſchnalzen den unſerigen. Jedes neue Einſpielen erregt den Hahn mehr und mehr. Er geht auf dem Aſte auf und nieder, läßt häufig ſeine Loſung fallen greift mit einem oder dem anderen Fuße in die Luft, ſpringt au< wohl von einem Aſte zum anderen oder „ſteht nah“, wie der Jäger ſagt, kurz, befindet ſi in einer gewiſſen Verzückung, die ihn zuweilen alles um ſi< her vergeſſen läßt. Dies geht ſo weit, daß er ſich ſogar um den Knall eines Feuergewehres nicht kümmert, ſelbſt wenn der Schuß. ihm gegolten hat, vorausgeſeßt natürlih, daß er niht von einem Schrotkorne berührt wurde. „Jm Schwer hören beim Sgleifen“, fährt mein Vater fort, „ſind alle Auerhähne einander gleich; aber mit dem Sehen iſt es anders. Wir gingen einſt auf die Auerhahnbalz, und als einer von uns, um einen Auerhahn zu unterlaufen, eine Blöße überſchreiten mußte, ſtiebte der Auerhahn mitten im Schleifen ab und ſchwieg gänzlich, ein deutlicher Beweis daß er den Schüßen bemerkt hatte.“ €in anderes Mal ſ{<lugen wir während des Schleifens eines Auerhahnes Feuer unter ihm. Das Geräuſch des Feuerſchlagens hörte er niht, aber die Funken ſah er ret gut. Ein drittes Mal bemerkten wix, daß ein Auerhahn mitten im Schleifen abbrach, als ein weißes Taſchentuch unter ihm geſchwenkt wurde.“ Mein Vater glaubte, daß die ſtarke Preſſung der vom balzenden Vogel bewegten Luft das Geräuſch , das er ſelbſt verurſacht, die Urſache dieſer Schwerhörigkeit ſei; ih kann mich jedoch ſeiner Anſicht nicht anſchließen, ſondern muß Gadamer re<t geben, der die ſogenannte Taub- und Blindheit anſieht als die Wirkung einer auf das Höchſte geſtiegenen Sinnlichkeit, die den Vogel alles um ſi< her vergeſſen läßt. :

Jeder Beobachter, welcher einen Auerhahn in der Gefangenſchaft balzen ſah, kommt zu der Überzeugung, daß die Sinnesthätigkeit des verliebten Ge>en einzig und allein durch ſeine aufs höchſte geſteigerte Aufregung beeinträchtigt werden kann. Während des eigentlichen Einſpielens pflegt er den Kopf ſenkrecht in die Höhe zu heben, und ſo kann es recht wohl vorkommen, daß ſein Auge das unter ihm Vorgehende nicht wahrnimmt, auh abgeſehen davon, daß ſih die Nickhaut ſeines Auges während dieſer Kopfbewegung regelmäßig über mehr als die Hälfte des Augapfels zieht. Daß er aber ſieht und hört, unterliegt keinem Zweifel, und ih fann die von Gadamer geſchi>t angeſtellte Unterſuchung durch eigne Beobachtungen an meinen Pfleglingen beſtätigen. „Jh beſaß“, ſo erzählt dieſer Forſcher, „einen Auerhahn, der zahm war, an 4 Jahre lebend, und hatte das Vergnügen, ihn jedes Frühjahr balzen zu hören. Nun fiel es mir ein, ſein Gehör und Geſicht zu prüfen, wozu mir mein Vater behilflih war. Wie genau der Verſuch ausfallen mußte, erhellt daraus, daß der Hahn auch eifrig fortbalzte, wenn man ſo nahe bei ihm ſtand, daß man ihn mit der Hand berühren konnte. Jh ſelbſt ſtellte mih neben ihn und ließ meinen Vater mit geladenem Gewehre an 40 Sritt weit gehen, doh ſo, daß er den Beginn des Schleifens genau hören fonnte, um im re<ten Augenbli>e den Schuß abzugeben. Als der Hahn ſ<hleifte, hoß mein Vater ab. Der Hahn wandte haſtig den Kopf der Gegend zu, aus welcher der Schuß gekommen war, und bewies dur<h ſein Benehmen, daß er den Knall wohl gehört hatte, ließ ſich aber im Schleifen durchaus nit ſtören. Dieſer Verſuch wurde wohl an zehnmal wieder: holt und jedesmal dieſelbe Bewegung ſeitens des Hahnes bemerkt. Dann ließ ih Kupfer-

hütchen abbrennen: auch dieſe hörte er. Während der Balzzeit war er ſehr bösartig und Brehm, Tierleben. 3, Auflage. Y. 31