Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 524

A484 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvöget.

wenn er die Liebeslaute hört, wie ein Stein vom Baume herab und tanzt nun einen ſonderbaren Reigen auf dem Boden. Jn der Regel ‘aber muß er die Hennen auffuchen und nicht ſelten ziemli<h weit nah ihnen fliegen. „Jn der Nähe der Hennen“, ſchreibt mein Vater, „balzt ex jedesmal auf dem Boden, geht dabei um dieſe herum und betritt ſie, nach: dem ſie ſi< ganz auf den Boden niedergekauert haben. Wie viele Hennen ein Hahn an einem Morgen betreten kann, läßt ſich niht beſtimmen, weil er ſelten mehr als ihrer 3 bis 4 um ſih hat und ſchwerlih ſo viele zuſammen findet, wie er ſi< wünſhen mag. Die Hennen ſcheinen zum einen Hahne mehr Zuneigung zu haben als zum anderen; daher entſtehen auch die hizigen Kämpfe, die übrigens ſelten während der eigentlichen Balz, ſondern meiſt in der Nähe der Hennen und auf dem Boden ausgefochten werden. Dabei werden die Hähne ſo wütend, daß man zuweilen einen von ihnen mit Händen greifen kann. Manche Hähne gelangen gar niht zur Begattung und balzen dann no< im Mai, ja ſelbſt im Juni und nochmals im Herbſte; doch iſt dies ein ſeltener Fall.“ Bei ſchöner, troœener Witterung iſt das Balzen, laut Hartig, immer ein Vorſpiel der Begattung; bei unfreundlichem, naſſem Wetter hingegen geht dieſe ohne weiteres vor ſich. '

Jn dex dritten oder vierten Woche der Balz ſtreichen die befriedigten Hähne nach ihren gewohnten, von den Balzpläßen oft weit entfernten Standorten zurü>, und die Hennen ſchreiten nunmehr zum Neſtbaue. Jede von ihnen wählt hierfür einen paſſenden Plaß und trennt ſich von anderen ihres Geſchlechtes. Das Neſt iſt eine ſeichte Vertiefung neben einem alten Vaumſtoce oder neben einer einzeln ſtehenden, buſchigen Fichte, zwiſchen Heidekraut oder im Beerengeſträuh, und wird höchſtens mit etwas dürrem Reiſig ausgekleidet. „Leider“, ſagt Geyer, „iſt die Henne niht vorſichtig genug, um einen Plaß zu ſuchen, dex dem Raubzeuge und ebenſo böſen Menſchen wenig ausgeſeßt iſt. Jn der Regel geſchieht das Gegenteil und die meiſten Neſter werden an gangbaren Wegen oder Fuß|teigen jedes Schutes bar gefunden, daher ſih auc die geringe Fortpflanzung des Auerwildes erklären läßt.“ Die Anzahl der Eier eines Geleges ſhwankt je nah dem Alter der Mutter. Junge Hennen legen ſelten mehr als 6—8 Eier, ältere deren 10—12. Die Eier ſind im Verhältnis zum Vogel klein, nux 60—70 mm lang und 48-—52 mm di>, nah vielen Meſſungen Wurms jedoch bloß 52—62 mm lang und 40—43 mm di>, länglich, oben zugerundet, wenig bauchig, unten ſtumpfſpibig, ziemlich dünn- und glattſhalig, glänzend, mit wenig bemerkbaren Poren und auf gelbbraunem oder ſhmußig gelbem, ſeltener grau bräunlichgelbem Grunde dichter oder ſpärlicher mit graugelben, braun ſhmugig gelben, hellen und faſtanienbraunen Fle>en und Punkten gezeichnet, zuweilen auh dunkler gewäſſert. Die Brutzeit währt durchſchnittlich 28 Tage, bei günſtiger Witterung vielleicht einen weniger, bei ungünſtiger einen“ mehr. Die Eier werden von der Mutter mit einer Hingabe bebrütet, die wahrhaft ergreifend iſt. So kann man z. B , laut Geyer, die Henne, wenigſtens in der lezten Zeit der Bebrütung, mit den Händen von ihrem Neſte aufheben und ſie wieder hinſegen, ohne daß ſie irgend eine Furcht zeigt oder ihr Neſt dur<h Wegfliegen verläßt. „Es iſtt ſomit die Möglichkeit geboten, alle jene Neſter, welche größerer Gefahr ausgeſeßt ſind, zu hüten, indem man eine Art Einzäunung oder Einfriedigung ringsum zieht und für die Aus- und Einkehr der Henne einen Raum offen läßt, der gerade zum Durchſhlüpſen genügt. Dieſes Verfahren wird mit dem Ausdru>ke „Hudern‘ bezeichnet und von der Henne ohne Anſtand geduldet.“ Hierzu führt Wurm noch Folgendes an: „Von dem eifrigen Brüten zeugen auch die auffallenden Brutloſungen der Hennen, die man auf Waldwegen, ſtets etwa. 50 Schritt vom Gelege entfernt, findet. Es ſind dies bis hühnereigroße Klum pen dex im Enddarme verhaltenen, förmlich zuſammengekneteten Cylinderloſung, zwiſchen welcher der weiße Harn zu erkennen iſt. Auch bei anderen Brutvögeln treten ſolhe Brutloſungen infolge der Bewegungsloſigkeit, der erhöhten Temperatur, der Vernachläſſigung