Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 547

Haſelhuhn: Begabung. Balz. Fortpflanzung. Jagd. 505

lind ſie jest verſ<hwunden, ohne daß man eigentlich ſagen kann, warum. „Selbſt in Deutſchland werden“, wie Wurm ſchreibt, „mehr in Schlingen gefangen, als man glauben möchte. Hauptſählih aber verdrängt ſie die einſeitig übertriebene Kultur der Nadelhölzer, welche die hauptſählichſte, in Laubholzknoſpen beſtehende Winteräſung zum Verſchwinden bringt, und deren dichte, ausgedehnte Schonungen wohl no< Verſte>e, aber keinen dieſen Vögeln zufagenden Unterwuchs bieten.“ Dagegen wandern ſie in einzelne Waldungen auch wieder ein. So iſt es geſchehen in einigen Wäldern an dem ſüdlichen Abhange des Erzgebirges, woſelbſt man bereits wieder namhafte Flüge antrifft.

Da, wo das Haſelhuhn häufig iſt, wird es in Menge erlegt; denn ſein Wildbret iſl unbeſtritten das köſtlichſte, das die Ordnung der Hühnervögel überhaupt gewährt. Die Jagd wird entweder mit Hilfe des Vorſtehhundes oder, und wohl mit größerem Vergnügen, vermittelſt der ſogenannten Locke betrieben. Dies iſt eine Pfeife, auf welcher der Ruf des Hahnes täuſchend nachgeahmt und jedes kampfluſtige Männchen herbeigezogen wird. Glüflicherweiſe gehört zu dieſer Jagdart eine gewiſſe Kunſtfertigkeit oder mit anderen Worten ein tüchtiger Jäger. Wie bei anderen Hühnern erregen die lebten ſ<hönen Herbſttage auh das Haſelhuhn und machen es geneigt, mit anderen ſeinesgleichen zu kämpfen, zu ſtreiten. Dieſe ſogenannte Kampfzeit währt von den erſten Tagen des September an bis zu Ende des Oktober, und ſie iſ es, die zur Jagd benußt wird; namentlich die erſten Tage des September ſind hierzu geeignet, falls die Witterung günſtig iſt. Der Jäger, der auf der Lode mit Erfolg Haſelhühner jagen will, muß niht nur die Jagdart ſondern au< den Wald genau kennen; denn die Hauptſache iſt und bleibt, einen geeigneten Standort zu wählen und während des Ganges mögli<hſt wenig Geräuſch zu verurſachen. Zn der Frühe des Morgens briht man auf, ſchleicht dur<h den Wald und {ſtellt ſich da, wo man Haſelhühner weiß oder vermutet, hinter einem hohſchaftigen Baume auf. Hauptbedingung des Standortes iſ ein im Umkreiſe von 30 Schritt freier, d. h. niht mit Geſtrüpp bede>ter Boden, weil der herbei gelo>te Haſelhahn niht immer geflogen, ſondern ſehr oft gelaufen fommt, dann ſelbſtverſtändlih jede De>kung benußt und regelmäßig den Schüßen eher entde>t als dieſer ſein Wild. Der ſhulgere<hte Jäger ſtellt oder lehnt ſi<, nachdem er den paſſenden Standpunkt gefunden, an ſeinen Baum, macht ſih ſhußfertig, nimmt die Loke und ruft nun zunächſt als jüngerer Haſelhahn. Bei günſtigem Wetter kommt der getäuſchte Hahn auf den erſten Ton geflogen, und zwar ſo ſ{nell, daß der Jäger kaum Zeit hat, die Loke aus dem Munde zu nehmen. Er erkennt aus der größeren oder geringeren Stärke des Brauſens, ob der Hahn von einem Baume auf den anderen geflogen iſt oder ſih von dem Baume auf die Erde geworfen hat, weiß alſo im voraus, von welcher Seite ſein Wild ankommen wird, ſtellt ſich günſtig zurecht, lot no< einmal, um jenem die Stelle genau zu bezeichnen, ſieht ſ{hußfertig nah der betreffenden Gegend hin und wird ſo in der Negel den ankommenden Hahn ſchon von weitem wahrnehmen können. Er läßt ihn in gute Schußweite herankommen; denn es handelt ſich au< darum, daß der Vogel im Feuer zuſammenbricht. Ein bloß angeſchoſſenes Huhn geht faſt regelmäßig verloren.

Ein alter Hahn, der früher dur< Verſcheuhung, Fehlſhüſſe oder unrichtiges Locken betrogen und mißtrauiſh gemacht wurde, kommt weder gehend noc fliegend unmittelbar auf die Loe, ſondern läuft oder fliegt in ſolher Entfernung rundum, daß man ſelten zum Schuſſe kommt. Lot ein Haſelhahn entgegen, ſo will er damit ſagen, daß er nicht Luſt oder Mut hat, ſofort zu erſcheinen. Dann heißt es für den Jäger geduldig warten: doh thut er wohl, wenn er ein- oder zweimal lo>t, um jenem ſeinen Standpunkt möglichſt rihtig anzudeuten. Der Haſelhahn antwortet darauf gewöhnlich noh einigemal und verſtummt wieder. Aber nah 5—10 Minuten geſchieht eine Überraſhung. Man hört