Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2, str. 586
542 Vierte Ordnung: Hühnervögel; erſte Familie: Faſanvögel.
Vater und Mutter nehmen an ihrer Erziehung gleihen Anteil; der Vater bewacht, warnt und verteidigt, die Mutter führt, ernährt und hudert ſie. Verliert eins der Eltern ſein Leben, ſo übernimmt das andere die Pflege, alſo au<h der Vater die Pflichten der Mutter. „Rührend iſt es“, ſchildert Naumann, „die unbegrenzte Sorgfalt der Eltern um ihre lieben Kleinen zu beobahten. Ängſtlich ſpähend, von welcher Seite Unglü> drohe, oder ob es abzuwenden ſei, läuft der Vater hin und her, während ein kurzer Warnungslaut der Mutter die Jungen um ſih verſammelt, ihnen befiehlt, ſi< in ein Verſte> zu begeben, ſchnell einem jeden ein ſolches im Getreide, Graſe, Gebüſche, hinter Furchen, in Fahrgeleiſen und dergleichen anweiſt und, ſobald ſie alle geborgen glaubt, mit dem Vater alles aufbietet, um den Angriff zu vereiteln oder abzuwenden. Mutig ſtellen ſi< beide Eltern nun dem Feinde entgegen, greifen ihn, im Gefühle ihrer Shwäche, jedo< niht an, ſondern fuen ſeine Aufmerkſamkeit auf ſih zu lenken, ihn von den Jungen abzuziehen, bis ſie glauben, ihn weit genug entfernt zu haben. Dann fliegt zuerſt die Mutter zu den Jungen, die ihr angewieſenes Verſte> indeſſen um keinen Fuß breit verlaſſen haben, zurü> und verſuht, dieſe eiligſt ein Stück weiter fortzuſchaffen. Sieht endlih der Vater alle ſeine Lieben in Sicherheit, ſo enttäuſcht auh er ſeinen Verfolger und fliegt davon. Sobald nun ringsumher alles wieder ruhig und die feindlihe Störung verſ<wunden iſt, läßt er ſeinen Ruf hören, den die Mutter ſogleih beantwortet, worauf er ſofort zu ſeiner Familie eilt. Kein Raubtier kann die Wachſamkeit der zärtlichen, ſorgſamen Eltern hintergehen, weder bei Tage noh bei Nacht, wenn niht beſondere Umſtände den Feind begünſtigen. Aber auch die unbedingte Folgſamkeit, die liebenswürdige Anhänglichkeit der Kinder zu den Eltern hat man oft zu bewundern Gelegenheit.“
Wenn die Küchlein erſt größer geworden ſind, verändern ſie und ihre Eltern das Betragen. Naht ihnen jeßt ein Feind, ſo erheben ſie ſi, fliegen zuſammen ein Stü fort und fallen wieder ein; werden ſie nohmals aufgeſtört, ſo ſprengen ſie ſih in einzelne Trupps oder Stücke, fliegen nah verſchiedenen Richtungen hin von dannen, laſſen ſi< nieder und drü>en ſih entweder platt auf den Boden oder ſuchen ſi dur< Laufen oder anderweitiges Verſte>en zu retten. Meint der Vater, daß die Gefahr vorüber ſei, ſo beginnt er zu lo>en; eins um das andere von den Kindern antwortet, und die treuen Eltern verſammeln nun nah und nach wieder die ganze Schar, indem der Vater die Jungen einzeln herbeiholt und zur Mutter bringt, welche die bereits vereinigten unter ihre Führung genommen hat. Später müſſen die Jungen dem Vater einen Teil ſeiner Sorge abnehmen, nämlich auf Vorpoſten treten und Umſchau halten. Dieſes Wacheſtehen, das abwechſelnd von allen jungen Hähnen geübt wird, befördert ihre Ausbildung weſentlich. Verlieren die Jungen ihre Eltern, ſo vereinigen ſie ſi mit einem fremden Volke.
Jn der früheſten Kindheit freſſen die Rebhühner faſt nur Kerbtiere, ſpäter nebenbei Pflanzenſtoffe, zuletzt dieſe beinahe ausſchließlih. Vis zur Ernte hin treiben ſi die Völker hauptſählih auf den Getreidefeldern umher; nach der Ernte fallen ſie auf Kartoffeloder Krautäern ein, weil ſie hier- die beſte De>ung finden. Jm Spätherbſte ſuchen ſie Stoppeln und noch lieber Sturzä>er auf, in deren Furchen ſie ſi verſte>en können. Naheliegende Wieſen werden der Heuſchre>en, benahbarte Schläge der Ameiſenpuppen halber gern begangen; die Nachtruhe aber hält das Volk immer auf freiem Felde. Es verläßt am Morgen ſein Lager und begibt ſih zunächſt auf tro>ene Stellen im Felde, ſucht ſih hier ſein Frühſtü>, wendet ſi< ſodann den Wieſen zu, auf welchen der Nachttau nunmehr abgetro>net iſt, legt ſich, wenn die Mittagsſonne drüd>t, in die Büſche, nimmt wohl au< ein Staubbad, geht nahmittags in die Stoppeln zurü> und fliegt gegen Abend der Schlafz ſtelle wieder zu. Jn dieſer Weiſe währt das Leben fort, bis der Winter eintritt. Er iſt eine ſ<limme Zeit und bringt ihnen oft den Hungertod. Nicht die Kälte ſchadet ihnen,