Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3
Sichlerbrachvogel, Cskimobrachvogel. 117 dunkelbraun, der Shnabel an der Wurzel gelblich fleiſhfarben, an der Spibe bräunlich ſ{<warz, der Fuß grünbraun.
Es gibt kein Land in Europa, in welchem der Brachvogel oder Keilhaken noh nicht beobahtet worden wäre; denn im Norden brütet er, und den Süden berührt er während ſeines Zuges. Außerdem findet er ſi im größten Teile Aſiens unter denſelben Bedingungen. Auf ſeinen Wanderungen durchreiſt er Afrika ebenſo regelmäßig, wie er Fndien beſucht, im September eintreffend und bis zum März verweilend. Fm Nordweſten Amerikas gehört
“er auh niht zu den Seltenheiten. Bei uns zu Lande trifft er im April ein und wandert bis zum Anfange des Mai durch, kehrt aber ſhon Ende Juli zurü>, treibt ſich ziellos umher und bricht endlih im September nah der Winterherberge auf, vorausgeſebt, daß das Wetter ungünſtig iſt; denn unter Umſtänden überwintert er auch in nördlichen Gegenden, ſeltener in Deutſchland, häufiger in Großbritannien oder auf den Faröer. Fn Griechenland ſieht man laut Graf von der Mühle, in Spanien nah meinen Erfahrungen einzelne Brachvögel während des ganzen Fahres. Der Regenbrachvogel bewohnt während der Brutzeit nur die hohnordiſchen Tundren, wandert aber ebenſo weit wie der Verwandte und iſt daher wie dieſer als Weltbürger zu bezeihnen; der Sichlerbrachvogel, in unſerem Vaterlande eine ſehr ſeltene Erſcheinung, gehört den Ländern um das Mittelmeer an und durchwandert einen Teil. Afrikas und Aſiens; der Eskimobrachvogel endlich entſtammt dem hohen Norden Amerikas und beſu<ht Europa nur zufällig und ſehr ſelten.
Hinſichtlih der Lebensweiſe ähneln ſich die verſchiedenen Arten ſo, daß es genügen fann, wenn ih mi auf die Lebensſchilderung des Brachvogels beſhränke. Unter allen Schnepfenvögeln zeigt er ſih am wenigſten wähleriſch hinſichtlih ſeines Aufenthaltes. Fhm iſt jede Gegend ret, die Seeküſte wie verſchiedene Binnengewäſſer, die Ebene wie das Hügelland. Vom Waſſer aus fliegt er auf das dürrſte Land, von dieſem auf Feld oder Wieſe, von hier aus wieder zum Waſſer zurü>, juſt, wie es ihm einfällt. Zeitweilig teilt er mit der Sumpfſchnepfe, zeitweilig mit dem Di>kfuße dasſelbe Gebiet. Man begegnet ihm überall, aber nirgends eigentli regelmäßig. Während ſeiner Wanderung, die er bei Tage wie bei Nacht ausführt, folgt er allerdings den - allgemeinen Heerſtraßen, verläßt aber Ströme und Flüſſe auf Meilen weit, überfliegt auh ohne Bedenken mittelhohe Gebirge. Wie bei uns zu Lande treibt er es auh in der Winterherberge. Er gehört zu den regelmäßigen Erſcheinungen an den Seen; aber er fängt auh mit dem Jbis in der Steppe Heuſhre>en oder ſucht ſih an den felſigen Ufern des Nils in Nubien ſein Futter. Alle Stücke, welche Pechuel- Loeſche in Niederguinea am Meeresſtrande und an Lagunen erlegte, hatten ihren Hunger ausſ{ließli< mit Strandkrabben geſtillt.
Jh habe den Brachvogel auf ſeinen Brutpläßen in Lappland und Sibirien, am Weißen oder Blauen Nil, in Ägypten, Griechenland, Spanien und Deutſchland beobachtet, unter den verſchiedenartigſten Verhältniſſen mit ihm verkehrt und ihn unter allen Umſtänden als denſelben kennen gelernt. Scheu und vorſichtig, mißtrauiſch, ſelbſtbewußt und doh furchtſam zeigt er ſih ſtets. Geſelliger als viele andere Schnepfenvögel bildet er gern kleine Vereine, und ſeine Wachſamkeit verſammelt ſtets eine Menge minder kluger Strandvögel um ihn; er aber gibt ſi<h mit dem Geſindel nur ſo weit ab, als es ihm gerade gutdünkt. Dem Lotone ſeiner Art. folgt ex, beantwortet ihn wenigſtens, um andere Stimmen bekümmert er ſi< niht; die übrige Tierwelt läßt ihn entweder gleichgültig oder flößt ihm Mißtrauen und Furcht ein. Den Menſchen meidet er unter allen Umſtänden, ſelbſt am Brutplate, obgleich er hier ſi< ungleih weniger ſcheu zeigt als irgendwo anders; an den ſüdlichen Seen wird er geradezu unerträglih, weil er für den Jäger ein noh ſhädlicherer Warner iſt als jeder Kiebiz und die Flucht nicht erſt dann ergreift, wenn die Gefahr ihm
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. YI. 2