Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3
32 Siebente Ordnung: Suchvögel; erſte Familie: Negenpfeifer.
worden. Jn unſerem Vaterlande erſcheinen ſie im April und Mai, fangen gegen Ende JUli an zu ſtreihen und begeben ſih im Auguſt und September wiederum auf die Neiſe na< der Winterherberge, die hon im Süden Europas beginnt, ſih aber bis Jndien und bis zum Kaplande ausdehnt. Einzelne Bruhwaſſerläufer überwintern ſogar in Deutlſchland. Veide Arten führen eine verſte>te oder doh heimliche Lebensweiſe; während der Bruchwaſſerläufer aber, ſeinem Namen entſprechend, die Ufer kleiner, umbuſhter Gewäſſer bevorzugt , ſiedelt ſi< der Waldwaſſerläufer mit Vorliebe im einſamen, ſtillen, düſteren Walde an, gleichviel ob der Beſtand aus Nadel- oder Laubholz gebildet wird. Jn Skandinavien und Sibirien habe ih ihn nur ausnahmsweiſe anderswo gefunden und oft mit Vergnügen beobachtet, wie er auf Wipfel- und anderen Zweigen hoher Bäume fußte. Mangel an geeigneten Örtlichkeiten und andere Verhältniſſe bedingen übrigens nit allzu ſelten Abänderungen in der Wahl der Aufenthaltsorte.
Beide Waſſerläufer ſind höchſt anmutige Vögel, zierlih und gewandt in jeder Hinſicht, beweglich, ſcharfſinnig, klug und vorſichtig, jedo<h nicht eigentlich heu, es ſei denn, daß ſie üble Erfahrungen gemacht hätten. Sie halten ſi< im Sigen wagerecht, wiegen ſich oft wie der Flußuferläufer, gehen leiht und gut, fliegen ausgezeihnet, ſ{hwenken mit vollſter Sicherheit dur< das Geäſte der Bäume oder Gebüſche und entfalten während ihrer Fortpflanzungszeit faſt alle in ihrer Familie üblichen Flugkünſte. Jhre Stimme iſt ungemein hoh und laut, aber ſo rein und wohlklingend, daß einzelne Töne denen der beſten Sänger faſt gleichkommen. Der Locton des Bruchwaſſerläufers iſt ein ſilberglo>enreines mehrmals und raſch nacheinander wiederholtes „Dlüidlui“, der des Waldwaſſerläufers ein pfeifendes „„BGiffgiff“, der Ausdru> der Zärtlichkeit bei jenem ein kurzes hohes Dit di>“ bei dieſem ein ähnli betontes „Gif gik“, der Paarungsruf bei jenem der vertönte, oft wiederholte Lokruf, bei dieſem ein förmlicher Geſang, in welchem man bald Laute wie ¡titirle“ bald ſolche wie „tilidl“ herauszuhören vermeint. Fm übrigen bethätigen beide die Eigenſchaften ihrer Gattungsgenoſſen.
Der Bruchwaſſerläufer legt ſein Neſt ebenſowohl auf dem Boden wie auf Bäumen in alten Neſtern, beiſpielsweiſe Eihhorn-, Tauben-, Häher- und Droſſelneſtern, ſogar in Baumhöhlungen bis 10 m über dem Grunde, hier aber immer in unmittelbarer Nähe des Wafſers, an. Für den Waldwaſſerläufer, der nah meinen Erfahrungen no< mehr Baumvogel iſt als jener, dürfte dasſelbe gelten; doh liegen meines Wiſſens beſtimmte Beobachtungen über ſein Niſten auf Bäumen no< niht vor. Die fkreiſelförmigen Eier des erſteren, deren Längsdurhmeſſer etwa 36 und deren Querdurhmeſſer 26 mm beträgt, ſind auf licht ölgrünem, bald mehr ins Gelbliche, bald mehr ins Grünliche ſpielendem Grunde mit kleinen Fle>en, Schmißen und Punkten von bräunlich aſ<hgrauer bis dunkel grünbrauner Färbung gezeichnet; die des Waldwaſſerläufers die bei 35 mm Längsdurhmeſſer 24 mm Querdurchmeſſer haben, ähneln ihnen ſehr, ſind aber gröber gefle>t. Nach einer etwa 15 Tage währenden Bebrütung entſhlüpfen die Fungen, verlaſſen, ſobald ſie troŒen geworden, das Neſt, ſpringen, wenn ſie auf Bäumen gezeitigt wurden, wie Hing erfuhr, ohne Schaden von der Höhe hinab ins Gras und wachſen nun, unter treuer, aufopfernder Führung ihrer Eltern, raſh heran, werden auch ebenſobald wie andere ihrer Art ſelbſtändig.
| Die Feinde anderer Strandvögel gefährden auh unſere beiden Waſſerläufer. Fn Gefangenſchaft halten ſie ſich ebenſogut und benehmen ſi< ebenſo wie ihre Verwandten.
Beim Flußuferläufer, Sandpfeifer, Pfeiferle, Fiſterlein und Knellesle, Steinpi>ker, Steinbeißer 2c. (Totanus hypoleucus und guinetta, Actitis hypoleucos, stagnatilis, megarhynchos und schlegelii, Tringa hypoleucus und guinetta. Trynga guinetta und lenucoptera, Tringoides hypolenuca. Guinetta hypoleuca), ift das