Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3
764 Zweite Drdnung: Schwanzlurche; erſte Familie: Molche.
Die Molche ſind es, an welchen man verſchiedene Verſuche über die Lebenszähigkeit und Erſaßfähigkeit angeſtellt hat. Jhre Unempfindlichkeit gegen Witterungseinflüſſe, die Zähigkeit, mit welcher ſie den Einwirkungen der Kälte zu troßen vermögen, war {hon früh beobachtet worden; man hatte auh erfahren, daß abgeſchnittene Glieder wieder nachwuchſen, und ſo forderten ſie ſelbſt gleihſam dazu auf, dur< Verſuche feſtzuſtellen, was ein lebender Lurch aushalten und leiſten kann. Spallanzani und Blumenb ach verhalfen ihnen zum Heiligenſhein des Märtyrertums/ indem ſie ihnen die Beine, den Schwanz abſchnitten, und die Augen aushoben und zerſtörten. Durch dieſe Verſuche wurde erwieſen, daß alle Glieder ſi<h/ und zwar in einer wunderbaren Vollſtändigkeit wieder erzeugen; denn es entſtehen niht ſtummelhafte, ſondern wirklih neue Glieder mit allen Knochen und Gelenken. Ein abgeſchnittener Schwanz erſet ſi<h volllommen, erhält neue Wirbel, wird auh wieder ebenſo lang wie er vorher wax; in abgeſchnittenen Beinen bilden \i< ſämtliche Knochen wieder aus, und zwar mehrmals na<h Wiederholung derſelben Verſtümmelung; ſogar die abgetrennten Kinnladen wachſen wieder nah. Spallanzani ließ ſeine gefangenen Molche binnen 3 Monaten 687 neue Knochen erzeugen; Blumenbac< ſchnitt einem Molche vier Fünftel des Auges weg und erfuhr, daß das Tier binnen 10 Monaten einen neuen Augapfel mit Hornhaut, Regenbogenhaut, Linſe, kurz ein neues Sehwerkzeug erhielt das ſi<h von dem erſten nur durch etwas geringere Größe unterſchied.
Ein Beiſpiel von der Lebenszähigkeit dieſer Tiere erzählt Erber. „Eine Ringelnatter fraß mix einen Molch und entwiſchte ſodann. Einen Monat ſpäter wurde in der Küche eine Kiſte gerü>t und dabei dem wahrſcheinlih von der Natter ausgeworfenen Molche das Vorderbein ausgeriſſen. Das Tier war gänzlih eingeſhrumpft; ih bemerkte kaum no< ein Lebenszeihen und legte. es vorderhand auf einen Blumentopf. Als i< ſpäter die Blumen begoß und den Molch mit befeuchtete, erholte er ſi<h ſo weit, daß er zu kriechen verſuchte. Jh brachte ihn nun in friſhes Waſſer und fütterte ihn mit Regenwürmern. Schon nah wenigen Tagen war er wieder munter; nah 3 Wochen bereits kam an der Stelle des ausgeriſſenen Beines ein kleiner, formloſer Stumpf eines neuen Beines hervor, das na< 4 Monaten ausgewachſen war. Von nun an wurde der Molch mit großer Aufmert ſamkeit behandelt, lernte auh ſehr bald, wenn ex hungrig wurde, an dem Glaſe, in dem ih ihn hielt, emporklettern und die Nahrung aus der Hand nehmen. Das Glas ſtand zwiſchen den Fenſtern. Jm Spätherbſte trat einmal über Nacht außerordentliche Kälte ein, ſo daß das Waſſer, in dem ſih das Tier befand, fror und das Glas zerſprengte. Auch der Molh war eingefroren; da ih ihn jedo<h in Weingeiſt ſegen wollte, ſtellte ih das Glas in ein größeres Gefäß und dieſes auf die heiße Herdplatte, um das Eis aufzutauen, vergaß jedo<h mein Tierchen und fand, als ih wieder nah ihm ſah, daß das Waſſer bereits ſehr heiß geworden war, die Wärme aber au< den Molch ins Leben zurü>gerufen hatte und dieſer ſih alle Mühe gab, dem Brühbade zu entrinnen. Nun ſeßte ih ihn wiederum in friſches Waſſer, und ex blieb nach dieſen Erlebniſſen noh ein ganzes Fahr wohl und munter.“
Unſtreitig der ſ{hönſte der europäiſchen Molche iſt der Marmormol<h (Alolge marmorata, Salamandra, Hemisalamandra und Pyronicia marmorata, Triton marmoratus), ein Tier von 13 —14 cm Länge und von den anderen Arten der Gattung hauptſächlich abweichend durc ſehnigen Schläfenbogen, nicht gezahnten Rü>kenkamm und dunkeln, weiß gefle>ten Bauch. Statt des hohen, geradlinigen Nückenkammes des brünſtigen Männhens, der ſi<h an der Shwanzwurzel plößlih erniedrigt, zeigt das Weibchen an deſſen Stelle eine eingeſunkene Rückenfurhe. Die Haut iſt zu jeder Zeit hökerig oder warzig; Kopf, Ohrdrüſengegend und eine Seitenlinie weiſen deutlihe Drüſenporen auf. Die Oberſeite