Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3
TTL Zweite Drdnung: Shwanzlurche; erſte Familie: Molche.
Was Duméril nur unvollſtändig oder nicht zu erzielen vermochte, gelang einer DUr< ihre ſorgſamen Beobachtungen an Kerbtieren wohlbekannten und von allen Fahmännern gerühmten Dame, Fräulein Marie von Chauvin in Freiburg im Breisgau. Weismann war auf den Gedanken gekommen, ob es nicht mögli<h ſei, die Axolotl-Larven ſamt und ſonders oder doh größtenteils zur Verwandlung zu zwingen, wenn man ſie in Lebensverhältniſſe brächte, die ihnen den Gebrauch der Kiemen erſhwerten, den der Lungen aber erleichterten, ſie alſo nötigte, von einer gewiſſen Altersſtufe an halb auf dem Lande zu leben. Der genannte Gelehrte hatte auh hierauf bezügliche Verſuche angeſtellt aber keine Erfolge erzielt, weil, wie er bald einſah, höchſt ſorgfältige, dur<h Monate hindurch fortgeſetzte Pflege und Beobachtung der Tiere dazu erforderlich war. Fräulein von Chauvin nahm jeine Verſuche wieder auf und begann ſie mit fünf ungefähr 8 Tage alten Axolotl-Larven, die von zwölf ihr zugekommenen allein am Leben geblieben waren. Bei der außerordentlichen Zartheit dieſer Tiere“, ſ<hreibt die Dame, „übt die Beſchaffenheit und Wärme des Waſſers und die Art und Menge des gereichten Futters namentlich in der erſten Zeit den größten Einfluß aus, ſo daß man nicht vorſichtig genug in deren Behandlung ſein kann.“ Die Tierchen wurden bei geregelter Waſſerwärme in einem Glaſe von etwa 30 em Durthmeſſer gehalten und ihnen als Nahrung zuerſt Daphnien, kleine Schalenkrebschen, ſpäter au größere Waſſertiere in reichlicher Menge dargeboten. Dabei gediehen alle fünf Larven vortrefſflih. Schon Ende Juni zeigten ſi<h bei den E die Anfänge der Vorderbeine; am 9. Fuli kamen auh die Hinterbeine zum Vorſchein. Ende Oktober fiel der Pflegerin auf, daß ein Axolotl ſi< beſtändig an der Oberfläche des Waſſers aufhielt, und dies brachte ſie auf die Vermutung, daß nunmehr der richtige Zeitpunkt eingetreten ſei, ihn auf die Umwandlung vorzubereiten. Zu dieſem Ende wurde ex am 1. November in ein bedeutend größeres Glasgefäß mit flahem Boden gebracht, das derartig geſtellt und mit Waſſer gefüllt war, daß er nur an einer Stelle ganz unter Waſſer tauchen konnte, während er bei dem häufigen Herumkriehen auf dem Boden des Gefäßes mehr oder weniger mit der Luft in Berührung kam. An den folgenden Tagen wurde das Waſſer allmählih no< mehr vermindert, und in dieſer Zeit zeigten ſih auch die erſten Veränderungen an dem Tiere. Die Kiemen fingen an einzuſhrumpfen; gleichzeitig beſtrebte ſich die Larve, ſeichte Stellen zu erreichen. Am 4. November begab ſie ſih ganz und gar aufs Land und verkroch ſi in feuchtem Mooſe, das an der höchſten Stelle des Bodens auf einer Sandſchichht angebracht worden war. Zu dieſer Zeit erfolgte die erſte Häutung. Jnnerhalb der 5 Tage vom 1.—4. November ging eine auffallende Veränderung im Äußeren vor ſih. Die Kiemenquaſten ſ{hrumpften raſt ganz zuſammen, der Kamm auf dem Rücken verſhwand vollſtändig, und der bis dahin hohe Schwanz nahm eine walzenförmige Geſtalt an. Die graubraune Körperfarbe verwandelte ſih nah und nach in eine ſhwärzliche; vereinzelte, anfangs undeutliche, weißgelbe Fle>en traten hervor und gewannen mit der Zeit an Lebhaftigkeit. Als am 4. November der Axolotl aus dem Waſſer kroch, waren ſeine Kiemenſpalten noh geöffnet, ſchloſſen ſih aber allmählih und konnten bereits na<h etwa 8 Tagen niht mehr wahrgenommen werden, weil die Haut ſie inzwiſchen überwachſen hatte. Von den übrigen Larven zeigten ſih {hon Ende November noch drei ebenſo kräftig entwidelt wie die erſte, und die Dame glaubte darin einen Hinweis zu erkennen, daß auch für ſie der richtige Zeitpunkt für die Beſchleunigung des Entwi>elungsherganges eingetreten ſei; ſie wurden deshalb derſelben Behandlung unterworfen. Eine von ihnen verwandelte ſih auch in der That in gleicher Zeit und genau jo wie die erſte: ſie hatte no< vollkommene Kiemenquaſten, als ſie in das flahe Waſſer geſeßzt wurde, ſchon 4 Tage ſpäter aber waren dieſe faſt vollſtändig zuſammengeſchrumpft. Das Tiex ging nun aufs Land, und im Verlaufe von etwa 10 Tagen erfolgte die Überwachſung der Kiemenſpalten und die vollſtändige Annahme der Salamanderform. Während