Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 275

Wels: Verbreitung. Nahrung. Fortpflanzung. Verwertung. 23

Baumſtämmen, Schiffstrümmern und dergleichen auf Beute, ſpielt mit ſeinen Bärteln und fängt die nach dieſen ſ<hnappenden Fiſche weg, frißt aber außerdem Krebſe, Fröſche, Waſſervögel, überhaupt alles, was er erreihen und verſhlingen kann. „Von der Geſtalt dieſes Thiers“, fährt Gesner fort, „iſt wol abzunehmen ſein tyranniſche, grimmige und fräſſige Art. Dann einsmals in eines Magen ein Menſchenkopff und re<te Hand mit zweyen güldenen Ringen follen gefunden ſeyn worden, dann ſie freſſen allerley was ſie bekommen können, Gänß, Enten, verſchonen au< des Viehs nicht, ſo man es zur Weyd, oder zu trän>en führet, verſhonet auh des Menſchen nicht, wie oben gehöret, ſo er ihn bekommen fan.“ Legteres iſt keine Übertreibung; denn man kennt mehrere Fälle, die Gesners Angaben beſtätigen. Fn dem Magen eines bei Preßburg gefangenen Welſes fand man, laut He>el und Kner, die Reſte eines Knaben, in einem anderen einen Pudel, in einem dritten Gänſe, die er erſäuft und verſhlungen hatte. „Die Bewohner der Donau ſowohl wie anderer Gegenden“, ſagen die genannten Forſcher, „fürhten ſi< daher vor ihm, und der Aberglaube der Fiſcher meinte früher, daß ein Fiſher ſterben müſſe, wenn ein Wels gefangen werde.“ An anderen Orten urteilt man günſtiger über ihn, indem man ihn für einen Wetterpropheten anſieht, wohl deshalb, weil er nur bei Gewitterluft die Tiefen des Gewäſſers verläßt und in die Höhe ſteigt.

Die Laichzeit fällt in die Monate Mai bis Juli. Solange ſie währt, findet man die Welſe gewöhnli<h paarweiſe beiſammen. Sie nähern ſi dann dem Ufer, um im Ried und Röhricht ihre Eier abzuſeßen, und bleiben auch, was ſie ſonſt niht zu thun pflegen, während des Tages in ſeihtem Waſſer liegen. Nach angeſtellten Zählungen legt der Nogener nur etwa 17,000 Eier ab, aus denen nah 7—9 Tagen die Jungen, ſonderbar ausſehende Geſchöpfe, die mit Kaulquappen wirkli überraſchende Ähnlichkeit haben, hervorkommen. Bei hohem Waſſerſtande erreicht die Brut ſchon im erſten Jahre bis 0,7, im zweiten bis 1,5 kg, bei niedrigem hingegen im erſten nur 0,3, im zweiten bis höchſtens 1 kg Gewicht. Erfahrene ungariſche Fiſcher geben, laut He>el und Kner, die Lebensdauer des Welſes auf 10—12 Jahre an, unzweifelhaft mit Unre<ht, da man, wie Baldner erwähnt, einen in der Zll bei Straßburg gefangenen Wels von Fußlänge in einem Weiher von 1569 bis 1620 am Leben erhalten und beobachtet hat, daß er in dieſer Zeit erſt eine Länge von 1,5 m erreiht hatte. Wenn man nun auch annehmen darf, daß gefangene oder im engeren Naume eingeſperrte Welſe viel langſamer wa<hſen als ſole, welche in der Donau oder einem anderen großen Strome nah Belieben jagen, ſi< tummeln und mäſten können, darf man doch glauben, daß Rieſen von 3 m Länge eine viel höhere Anzahl von Jahren zählen müſſen. Vielleicht zum Glüe für unſere Gewäſſer erreichen nur wenige Welſe ein jo hohes Alter. Die meiſten der aus den verſchont gebliebenen Eiern ausſ{lüpfenden Jungen werden in der erſten Zeit ihres Lebens von Quappen und anderen Raubfiſchen, die größeren wohl au< von ihren eignen Eltern weggeſhnappt, viele außerdem in der Blüte ihrer Fahre von Fiſchern gefangen, kaum weniger vielleiht dur< allerlei Krankheiten, die bei hoher Wärme nicht ſelten ſeuchenartig auftreten und dann zahlreiche Opfer fordern, hinweggerafft.

__ Ungeachtet des nicht ſonderlich geſhäßten Fleiſches, das, ſolange der Fiſh jung, ſehr fett, feſt und au< wohlſhme>end, wenn er aber alt, zähe und thranig iſt, wird dem Welſe doh nachgeſtellt, weil das Fleiſch als Spe> oder bei der Lederbereitung Anwendung findet und die Shwimmblaſe als ſchlechte Hauſenblaſe in den Handel gebracht oder zu Leim verarbeitet wird. Junge Welſe erbeutet man meiſt mit der Angel, alte am häufigſten während der Laichzeit bei Nacht, gewöhnlih mit dem Wurfſpeere. Sehr große Stücke machen den Fiſchern viel zu ſchaffen. Nichter verſichert, ſelbſt geſehen zu haben, daß ein großer, an der Angel zappelnder Wels mit Schwanzſchlägen einen Kahn umwarf