Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 288
250 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.
will, daß man dur< den Miſt Kerbtiere und Gewürm herbeilo>t; denn dieſe, niht aber der Miſt, den er ſreili<h au< mit verſ<hlu>t/ geben ihm die geeigneten Nahrungsſtoffe. Beim Wühlen im S<hlamme nimmt er erdige Beſtandteile mit auf, ja dieſe ſcheinen für ſeine Verdauung notwendige Bedingung zu ſein. Fm Meere nährt er ſih: wahrfſcheinli< hauptſähli<h von Würmern und kleinen Muſcheltieren.
Bei genügender Nahrung wird der Karpfen ſhon im dritten Jahre ſeines Lebens fortpflanzungsfähig. Jm fünften Lebensjahre legt, nah Blo<hs Unterſuchungen, das Weibchen bereits gegen 300/000 Eier ab; dieſe Anzahl kann ſi<h aber ſpäter mehr als verdoppeln. Während der Laichzeit entwi>eln ſi< bei den Männchen in dem ſchleimigen Hautüberzuge auf Scheitel, Wangen und Kiemende>eln viele kleine, unregelmäßig zerſtreute weißliche Warzen, die ſih in der Regel au<h auf der inneren und vorderen Seite der Bruſtfloſſen zeigen. Sobald der Karpfen dieſes Hochzeitskleid anlegt, wird er wanderluſtig und verſu<t, ſoweit ihm möglih, im Fluſſe aufwärts zu ſteigen, überwindet dabei au< oft bedeutende Hinderniſſe. Zum Laichen erwählt er ſeihte, mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene Stellen, und nux wenn er ſolche findet, hat die Fortpflanzung einen für den Züchter erwünſchten Erfolg. Nicht alle Karpfen aber zeigen die erſtaunliche Fruchtbarkeit, die ſie vormals würdig erſcheinen ließen, der Liebesgöttin geheiligt zu werden; viele bleiben gelt, und zwar, wie man annimmt, ihr Lebenlang. Schon Ariſtoteles kannte dieſe Thatſache und wußte, daß dieſe gelten Karpfen an Fettigkeit und Güte ihres Fleiſches alle übrigen übertreſfen. Die Schriftſteller des Mittelalters nennen ſie „Müßiggänger“ und heben ausdrü>li<h hervor, daß ſie vor allen zu loben ſeien. Über die Urſache der Unfruchtbarkeit waren ſie übrigens verſchiedener Meinung: „Jn etlihen Weyern“, ſagt Gesner, „ſollen Karpffen gefangen werden, in welchen kein Unterſchied des Geſchlechts, NRöglings oder Milchlings kan geſpüret werden. Solche werden ohne Zweifel die ſeyn, ſo von ihnen ſelbſt wa<hſen und geſchaffen werden.“ Fn England zerſtört man Samengefäße und Eierſtö>e, um ſolche Geltfiſhe künſtlih zu erzeugen und zarteres Fleiſch zu erzielen.
Jn den Seen und in den Flüſſen fängt man die Karpfen mit Zuggarnen, Neben und Reuſen, ködert wohl auh vorher gewiſſe Stellen mit geko<hten Erbſen oder legt mit Würmern, kleinen Fleiſ<hſtü><hen oder dürrem Obſte beſpi>te Grundangeln. Fm Kaſpiſchen Meere pflegt man ſie zu ſtehen. Doch hat dieſer freie Fang nirgends eigentliche Bedeutung, am wenigſten bei uns zu Lande, woſelbſt der Karpfen als der für die Teihwirtſchaft wichtigſte Fiſh betrahtet werden muß.
Zur Karpfenzucht bedarf man mindeſtens zweierlei Teiche, flacherer und tieferer nämlich, ſogenannter Zucht- oder Stre>teihe und Winterungs- oder Kaufgutteiche. Erſtere müſſen eine teſſelartige Austiefung haben, worin die Fiſche, ohne vom Froſte zu leiden, den Winter zubringen können, dürfen im übrigen aber niht über 2 m tief ſein. Noch flachere, mit Gras beſtandene Stellen ſind unumgänglih notwendig, weil auf ihnen die Zuhtkarpfen ihre Eier abſeßzen ſollen. Regelmäßiger Zufluß von weihem Waſſer iſt ebenfalls Bedingung; in Teichen mit kaltem Waſſer gedeiht der Karpfen niht, am wenigſten in ſolchen, welche ſtarke Quellen beſißen oder den Zufluß von ſol<hen empfangen. Hat man mehrere Teiche, ſo wählt man die fla<hſten unter ihnen zu Laihhteichen, die tieferen und größeren zu ſogenannten Stre>teichen; immer aber iſt darauf zu ſehen, daß in jedem einzelnen Teiche ſih tiefe Stellen finden, die unter allen Umſtänden froſtfrei bleiben, weil man ſonſt genötigt iſt, gegen den Winter hin die Karpfen umzuſeßzen. Auf einen Brutteih von 2 Hektar Fläche rehnet man gewöhnlich fünf 4—12jährige Streichkarpfen, einen Milchner und vier Rogener, ſoll aber, wie auh leiht erklärlich, beſſere Erfolge erzielen, wenn man das Verhältnis der Geſ<hle<hter mehr ausgleicht, alſo annähernd ebenſo viele Milchner wie Rogener einſezt. Ungeachtet der außerordentlihen Vermehrungsfähigkeit